: Mehr deutsche Soldaten am Hindukusch
Das abgewählte Kabinett beschließt die Verlängerung der Bundeswehr-Einsätze in Afghanistan und im Sudan. Die Truppe im nordafghanischen Kunduz wird von 2.250 auf 3.000 Personen aufgestockt und soll im ganzen Land aktiv werden können
AUS BERLIN BETTINA GAUS
Während die Republik über die mögliche Zusammensetzung eines neuen Kabinetts diskutiert, geht das alte seiner Arbeit nach. Gestern hat die noch amtierende rot-grüne Regierung eine Verlängerung und sogar eine Ausweitung des Mandats für die Beteiligung der Bundeswehr an der Internationalen Schutztruppe Isaf in Afghanistan beschlossen. Künftig sollen bis zu 3.000 deutsche Soldaten in verschiedenen Landesteilen eingesetzt werden können. Bislang lag die Obergrenze bei 2.250.
Die Entscheidung, die ein Jahr lang gilt, soll vom abgewählten Bundestag in seiner alten Besetzung am kommenden Mittwoch abgesegnet werden. Mit dem Ablauf des alten Afghanistan-Mandats am 13. Oktober wird die Sondersitzung des alten Parlaments begründet. Der neue Bundestag dürfte sich bis dahin noch nicht konstituiert haben – die Frist dafür endet erst am 18. Oktober. Verteidigungsminister Peter Struck betonte, dass er das genehmigte Kontingent nicht in vollem Umfang ausschöpfen wolle.
Er möchte für sich – oder einen Nachfolger – offenbar vor allem den Rahmen erweitern, innerhalb dessen unverzüglich auf Entwicklungen reagiert werden kann. So soll die Bundeswehr im Rahmen von Isaf nicht nur wie bisher im Norden und in der Hauptstadt Kabul, sondern bei Bedarf auch im Süden und Westen des Landes eingesetzt werden dürfen. Darüber müssen dann allerdings die Parlamentsfraktionen informiert werden. Struck verwies darauf, dass die Bundeswehr, die bereits jetzt das größte Kontingent der Isaf-Truppe stellt, sich auch künftig nicht aktiv am Kampf gegen Drogenanbau und Drogenhandel beteiligen werde.
Mit einer breiten parlamentarischen Zustimmung wird gerechnet. Die FDP will über die Vorlage bei ihrer konstituierenden Fraktionssitzung am kommenden Dienstag beraten. Die Linkspartei, die den Afghanistan-Einsatz ablehnt, darf noch nicht mitreden: Sie gehörte dem abgewählten Bundestag nicht an. Verteidigungsminister Peter Struck betonte, dass sich bislang nicht absehen ließe, wann die Bundeswehr ihr Engagement in Afghanistan beenden könne.
Rechtlich ist die Isaf-Mission vom Anti-Terror-Kampfeinsatz „Enduring Freedom“ getrennt. Die USA konnten sich in der letzten Woche beim Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Berlin mit ihrem Vorstoß nicht durchsetzen, die UN-mandatierte Isaf-Schutztruppe künftig auch im Kampf gegen die Taliban einzusetzen. Vereinbart wurde jedoch eine noch engere Koordinierung der beiden Missionen.
Bereits jetzt ist die vergleichsweise leichte Bewaffnung der Bundeswehr in der afghanischen Kleinstadt Kunduz nach Ansicht von Beobachtern nur deshalb zu verantworten, weil im Konfliktfall die deutschen Militärs auf die Unterstützung der US-Luftwaffe vertrauen könnten. Und deutsche Soldaten sind ohnehin an beiden Missionen beteiligt. Was genau die Elitetruppen des KSK (Kommando Spezialkräfte) im Rahmen der Operation Enduring Freedom allerdings tun, weiß die Öffentlichkeit nicht. Sicherheitsgründe stehen laut offizieller Darstellung allen präzisen Informationen entgegen.
Das rot-grüne Kabinett befasste sich gestern nicht nur mit der Lage in Afghanistan, sondern auch mit dem Thema Sudan. Der Einsatz von bis zu 75 Militärbeobachtern im Süden des afrikanischen Landes wird um zunächst ein halbes Jahr im Rahmen der Operation Unmis verlängert. Bislang sind Struck zufolge allerdings erst sieben Bundeswehrsoldaten vor Ort. Die UN-Friedenstruppe im Sudan bestehe insgesamt bislang nicht aus 10.000 Soldaten, wie geplant, sondern erst aus 2.100 Militärs.
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