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Archiv-Artikel

Die Merkel nicht verhindern wollen

Wahlnachlese der Hamburger Linkspartei: Zufriedenheit über das örtliche Wahlergebnis, Kritik an Lafontaine, Gysi und Bisky. „Die Linke.PDS“ soll Schröder nicht zum Kanzler küren, und auch die Fusion der beiden Parteien soll nicht überstürzt werden

von Marco Carini

Die erste Etappe ist geschafft – doch wie geht es weiter mit der Linkspartei? Zu einer ersten gemeinsamen Wahlnachlese trafen sich am Mittwochabend auf Einladung der PDS-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung WASG-Landesvorstand Berno Schuckart und die Hamburger Linkspartei-Vorsitzende Christiane Schneider in der Altonaer „Werkstatt 3“. Ergebnis des Abends, dem rund 60 Interessierte beiwohnten: Die Hamburger Spitzen der beiden Polit-Partner sind sich weitgehend einig – auch in ihrer Kritik an den prominenten Wortführern der Bundespartei.

Stichwort Wahlerfolg: „Wir haben erstmals Menschen in den sozial schwächeren Stadtteilen abseits der Szeneviertel erreicht, aber zu wenige junge WählerInnen und Frauen angesprochen“, betrachtet Christiane Schneider das Hamburger Wahlergebnis von 6,3 Prozent differenziert. Einig ist sie sich mit Schuckart darin, dass weder PDS noch WASG alleine nur den Hauch einer Chance gehabt hätten, in Hamburg die Fünf-Prozent-Marke zu überspringen. „Das Zusammengehen“, so Schuckart, „hat einen gewaltigen Schub ausgelöst.“

Stichwort parlamentarische Perspektiven: „Wir haben jetzt Abgeordnete, die etwas ins Land hineinrufen können“, definiert Schuckart die Aufgaben der heute sich konstituierenden Bundestagsfraktion der Linkspartei. Klar sei aber auch: „Es gibt keine linke Mehrheit, weil Rot-Grün keine linke Politik mehr macht.“

Massive Kritik äußert der Hamburger WASG-Vorstand an den Spitzenkandidaten Gregor Gysi und Oskar Lafontaine. Deren „100-Tage-Programm“ für die ersten parlamentarischen Initiativen der neuen Partei sei „mit niemandem abgestimmt gewesen“ und „inhaltlich unausgereift“. Schuckart: „Wenn das so losgeht, ist das der Tod im Topf.“

Stichwort Kanzlerfrage: Eine „schwere Entscheidung“ sieht Schneider auf die Linkspartei in der Frage einer möglichen KanzlerInnenwahl zukommen. Gelingt es weder SPD noch CDU, eine Mehrheitskoalition hinter sich zu bringen, könnte ein neues Regierungsoberhaupt vom Bundestag im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit gewählt werden. „Wenn wir dann nicht für Schröder stimmen, wird Merkel mit den Stimmen von CDU und FDP Kanzlerin“, bringt es die Landesvorsitzende der Linkspartei auf den Punkt.

Trotzdem dürfe ihre Partei Gerhard Schröder nicht ins Amt verhelfen und „ihm damit einen Blankoscheck“ ausstellen. Das sieht auch Schuckart so: „Schröder steht für eine knallharte neoliberale Politik und wird von uns nicht gewählt werden.“

Stichwort Parteienfusion: Dass Linkspartei.PDS und WASG in diesen Tagen auch in Hamburg zu separaten Veranstaltungen zwecks Wahlauswertung einladen, hält Schneider für „ein Problem“. Trotzdem müssten die beiden Polit-Partner „durch den Aufbau gemeinsamer Strukturen“ zusammenwachsen und dabei „auch die Hamburger Linke, die nicht in einer der beiden Parteien organisiert ist, mitnehmen“.

Wenn die „Fusion von oben verordnet“ werde, könne sie „nicht funktionieren“, sagt die Linkspartei-Sprecherin. Und erteilt damit dem Plan von PDS-Chef Lothar Bisky und WASG-Vorsitzendem Klaus Ernst eine Absage, bis Jahresende beide Parteien zusammenzuschließen. Auch Schuckart ist dafür, „dem Druck von oben nicht nachzugeben“ und eine Vereinigung nicht vor 2007 anzustreben.