: Hit-Radio Axel Springer
Die Besitzverhältnisse auf auf dem wenig beachteten deutschen Radiomarkt sind verschachtelt. Und der Axel Springer-Konzern mischt mit direkten und indirekten Beteiligungen kräftig mit
VON RENÉ MARTENS
Das Radio, sagt der Medienforscher Horst Röper, werde „traditionell missachtet“. Darüber bundesweit zu berichten, so der Geschäftsführer des Dortmunder Formatt-Instituts, sei schwierig, denn „in der Regel kennt der Leser nur die Sender in seiner Region“. Insofern war es wenig verwunderlich, dass in den letzten Wochen von Radio bestenfalls am Rande die Rede war, als auf den hiesigen Medien- und Wirtschaftsseiten darüber sinniert wurde, welche Folgen die geplanten Übernahme der ProSiebenSat.1-Gruppe durch Springer haben könnte.
Schwer zu überblicken
Dabei übt das Rundfunk-Portfolio des Konzerns eine große Faszination aus – weil es so schwer zu überblicken ist. Oder wie es die Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) formulierte, kurz nachdem Springer den Antrag auf Übernahmegenehmigung vorgelegt hatte: „Insbesondere der Bereich der Hörfunkveranstaltung- und vermarktung erscheint uns zurzeit wenig transparent.“
Der Springer-Konzern mischt im Radio auf vielfältige Weise mit. So ist er an zahlreichen Marktführern beteiligt, etwa an Hit Radio FFH (Hessen) zu 15 und an Antenne Bayern zu 16 Prozent. Über solche Riesen ist der Konzern teilweise wiederum indirekt bei mittleren und kleineren Sendern involviert – allein Radio Hamburg, ein wichtiger Player in Springers Hörfunkstrategie, ist an drei Sendern aus der zweiten Liga beteiligt (siehe Grafik). Hinzu kommen weitere mittelbare Beteiligungen – über Tageszeitungen des Imperiums, Betreiberkonsortien und Holdings.
Das Verschachtelungsmodell ist teilweise inspiriert von den Besitzverhältnissen, die Springer auch bei Tageszeitungen praktiziert: Der Konzern beteiligt sich an einem Blatt direkt und dann noch einmal indirekt über einen anderen Tageszeitungsverlag. Drei von Springer unterschiedlich stark bestimmte Blätter – Lübecker Nachrichten, Kieler Nachrichten sowie die Rostocker Ostsee-Zeitung – sind beispielsweise mittelbar oder unmittelbar an Antenne Mecklenburg-Vorpommern beteiligt.
Einen wichtigen Schritt zur Konzentration auf dem Radiomarkt hat Springer mit vorbereitet. Anfang 2004 entstand die Holding Regiocast – durch die Fusion von Radio Schleswig-Holstein (R.SH) mit der sächsischen PSR-Gruppe, die neben Hörfunkprogrammen auch eine Eventagentur und einen Vergnügungspark mit in die Ehe einbrachte. Die Kieler und die Leipziger reagierten damit auf eine Offensive der RTL Group, die 2002 zwölf Rundfunkbeteiliigungen von Holtzbrinck übernommen hatte.
An der Holding, deren Öffentlichkeitsarbeit so manchem Geheimdienst zur Ehre reichte, ist Springer nun sowohl direkt als auch über seine schleswig-holsteinischen Großstadtblätter beteiligt. Direkte Anteile von 15 oder 16 Prozent und viele kleine indirekte – das klingt zunächst nicht nach allzu viel Einfluss, zumal der Konkurrent RTL teilweise auf große Beteiligungen setzt (zwei 100-prozentige in Berlin, eine 50-prozentige in Sachsen). Die Zahlen täuschen aber, denn bei vielen Sendern sind mit noch weitaus kleineren Anteilen zahlreiche branchenfremde Unternehmen vertreten, oft Traditionsbetriebe aus dem jeweiligen Verbreitungsgebiet. Die wollen nicht rundfunkstrategisch am großen Rad drehen, sondern nur eine ordentliche Rendite sehen.
„Wenn man die unternehmerische Führung hat, können 10 oder 15 Prozent eine bessere Investition sein, als wenn es vier Eigner mit je 25 Prozent gibt, die sich untereinander nicht verstehen“, sagt Michael Klehm, Referent für privaten Rundfunk beim Deutschen Journalisten-Verband (DJV). Und wie stark ist Springers inhaltlicher Einfluss aufs Radio? „Bei unserem Hörfunkengagement handelt es sich um reine Finanzbeteiligungen“, betont Konzernsprecherin Edda Fels. Der DJV-Mann Klehm stimmt ihr zu: „Richtig einmischen tut sich Springer nicht.“
Crossmediale Lösungen
Welche Rolle Springers Hörfunkanteile im KEK-Verfahren zur Causa ProSiebenSat.1 spielen werden, darüber lässt sich bisher nur spekulieren. Hardy Gundlach, kommunikationswissenschaftlicher Referent der KEK, sagt, man müsse „prüfen, ob die mittelbaren Beteiligungen überhaupt relevant sind“. Von Belang wäre ein Großreich mit ProSieben und Sat.1 allemal für den Radiowerbemarkt. Horst Röper sieht „crossmediale Paketlösungen“ kommen. Die werden dadurch erleichtert, dass RMS, der führende Vermarkter für Radiowerbezeiten, vom Regiocast-Springer-Konglomerat dominiert wird. Mit solch zukünftigen Synergieeffekten, so Röper, werde „angesichts der bevorstehenden Prüfungen aber jetzt natürlich niemand werben“.