Gen-Mais rückt näher

Endgültige Entscheidung liegt nun bei EU-Kommission. Dänische Sozialdemokraten schwenken auf Pro-Gen-Kurs

KOPENHAGEN taz ■ Die 25 LandwirtschaftsministerInnen der EU haben diese Woche keine Mehrheit zur Zulassung der genveränderten Maissorte 1507 zu Stande gebracht. Nun wird also die EU-Kommission die endgültige Entscheidung fällen – die somit ein Ja werden dürfte.

Doch schon im Ministerrat wurde deutlich, dass der Widerstand gegen genveränderte Lebensmittel weiter bröckelt. Erstmals war nun auch Dänemark auf der Seite der Pro-Gentech-Fraktion zu finden: Obwohl Pioneer Hi-Bred, die Produktionsfirma der Sorte 1507, zugestanden hatte, dass bei ihrem Mais eine negative Wirkung auf die Immunabwehr gewisser Versuchstiere konstatiert worden sei, stimmte Kopenhagen mit Ja.

Dieser Seitenwechsel geht auf einen Kurswechsel der oppositionellen Sozialdemokraten zurück. Er beendet die jahrelang bestehende parlamentarische Mehrheit, die der dänischen Regierung kein Mandat erteilt hatte, in EU-Gremien für die Zulassung von Gentech-Lebensmitteln zu stimmen. Svend Auken, Europa-Sprecher der Sozialdemokraten, hatte als Umweltminister in den Neunzigerjahren zwar entscheidend zur Anti-Gen- Linie Dänemarks und zur Verhängung eines EU-weiten Moratoriums beigetragen. Jetzt begründet er den neuen Kurs damit, dass es nun genügend Kontrollmechanismen gäbe: „Wir haben uns in diesen Bereichen erfolgreich durchsetzen können. Nun sind wir an dem Punkt, wo wir die neue Technik vor allem zum Nutzen von Entwicklungsländern auch anwenden müssen.“

Die konservative Umweltministerin Connie Hedegaard begrüßte den Kurswechsel der Sozialdemokraten: „Es ist unheimlich positiv, dass wir von einer Politik der Rückenmarkreflexe mit einem automatischen Nein wegkommen. Was nicht bedeutet, dass wir jetzt Jasager werden, sondern es wird von Fall zu Fall entschieden.“

Äußerst erfreut reagierte auch die dänische Lebensmittelindustrie, die nun einen ernsten Konkurrenznachteil beseitigt sieht. „Dänemark hatte mit der bisherigen Linie die gute Ausgangsposition, die wir in der pflanzlichen Biotechnologie innehatten, aufs Spiel gesetzt“, sagte der Forschungsdirektor des Lebensmittel-Zutaten-Riesen Danisco, Egon Bech Hansen.

Die Umweltorganisation Greenpeace hat erwartungsgemäß keinerlei Verständnis für den Richtungswechsel der Sozialdemokraten. „Das ist unverständlich und unverantwortlich“, kommentiert deren Gentech-Spezialist Dan Belusa: „Die bisherigen Bedenken sind keinen Deut weniger geworden.“ Nach wie vor sei es nämlich beispielsweise unmöglich, die Ausbreitung genveränderter Pflanzen im Freilandanbau zuverlässig zu kontrollieren. REINHARD WOLFF