Berliner Szenen: Hulk Hogan
Reden übers Radio
Der Club liegt am Rande der Abendsonne. Weil noch nicht viel los ist, wirkt es angenehm. Ich freue mich, dass K. hinterm Tresen steht. Wir hatten uns lange nicht gesehen. Vor zwei Tagen hatte ich mir die Haare schneiden lassen und sehe eigentlich ganz okay aus. K. sieht auch anders aus als sonst, er war beim Friseur. Ich sage, er sähe aus wie Hulk Hogan, und er antwortet, dass er den Wrestler mal getroffen habe, als er noch für Radio Energy gearbeitet hatte. Ich hatte ganz vergessen, dass er mal bei Radio Energy war. Volker Hauptvogel kommt vorbei. Er sieht aus wie ein Schiff in der Brandung.
Wir sitzen so rum, rauchen, trinken Bier und reden übers Radio. Ich denke daran, dass ich meine Radiokarriere beendet hatte, als Rock-Radio-B in Fritz umgewandelt wurde, weil ich es unseriös gefunden hätte, für einen Jugendsender zu arbeiten. Wir lästern über Radio Eins; wie selbstzufrieden die immer wirken; wie toll die sich immer finden. B. und C., die Radio Eins gut finden, erzählen von Leuten aus Hessen, die Radio Eins via Internet hören und uns beneiden. Mir fällt ein, wie K. mal vor 17 Jahren auf einer Party des Senders gewesen war und gesagt hatte, das wäre die schlimmste Veranstaltung, auf der sie je gewesen wäre. Wenn man vom Teufel spricht kommt der Moderator des Wegs. Wir reden mehrere Sätze. Er erzählt, er hätte einen spannenden erotischen Roman geschrieben und würde ihn gerne bei Suhrkamp veröffentlichen.
Auf dem Nachhauseweg gibt es slowmotionmäßige Wahrnehmungsverschiebungen. Der Körper ist ein angeschlagenes Schiff, dass man versucht, mit Hilfe seines Geistes durch die Gegend zu steuern. Der Weg zieht sich lang und länger, ich denke an Autorennen in der Froschaugenperspektive, und bin am Ende fast überrascht, wieder zu Hause zu sein.
Detlef Kuhlbrodt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen