piwik no script img

THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Sie ist unter Druck, die offene Gesellschaft, die wir nach dem Ende des Kalten Krieges für die westliche Version der klassenlosen Gesellschaft gehalten haben: eine Gesellschaft der Gleichen, in der Minderheiten mit Mainstreamern auf Augenhöhe leben konnten. Aber schon länger ist dies nicht mehr selbstverständlich: Plötzlich raunt es wieder völkisch, Frauen sollen am Herd stehen und schwanger werden, divergente sexuelle Identitäten werden für die, die sie zu leben versuchen, wieder zur Gefahr. Der Regisseur und Dramatiker Falk Richter hat sich in seinen letzten Arbeiten immer wieder mit dieser Entwicklung auseinandergesetzt. In seinem Stück „Small Town Boy“ ging’s vor 2014 am Maxim Gorki Theater um die sich immer weiter verschärfende Lage für Homosexuelle – nicht nur in Russland. In „Fear“ brachte Richter 2015 die Protagonisten von AfD und Pegida als Zombies der deutschen Vergangenheit in die Schaubühne, und ließ heutige Bionade-Biedermeier in ihren grünen Oasen den Aufstand proben. Nun geht Richter mit „Verräter“ im Gorki Theater mit der nächsten Folge seiner Abrechnung mit den Feinden der offenen Gesellschaft an den Start und fragt: „Erleben wir die letzten Tage der Demokratie und der Freiheit, wie wir sie kannten?“ (Gorki Theater: „Verräter“, ab 28. 4., 19.30 Uhr).

Die deutsch-ägyptische Theatermacherin und Dramatikerin Laila Soliman befasst sich in ihren Arbeiten mit Gewalt gegen Menschen, die in Ägypten für eine offenere Gesellschaft kämpfen: brutale Übergriffe gegen friedliche Demonstranten auf dem Tahirplatz oder sexuelle Gewalt gegen Frauen als besonders perfides Mittel, Frauen einzuschüchtern und zu unterdrücken. Ihre neue Arbeit „Zig Zig“ basiert auf einem Fall, der fast hundert Jahre zurückliegt: 1919 überfielen englische Besatzungssoldaten ein ägyptisches Dorf, vergewaltigten die Frauen und brannten die Häuser nieder. Zwölf Frauen wagten damals, vor Gericht als Zeuginnen aufzutreten: die Gerichtsprotokolle sind nun Grundlage für Solimans neuen Theaterabend („HAU 1: „Zig Zig“, 27., 28. & 29. 4., jeweils 20 Uhr).

Im Berliner Ensemble führt Leander Haußmann das neue Werk seines Freundes und Hausautors und Element-of-Crime-Gründers Sven Regener urauf: „Die Danksager“. Regener hat schon Vorlagen für einige Haußmann-Arbeiten geschrieben, darunter das Drehbuch von „Haialarm“ oder die Vorlage für „Herr Lehmann“, von Haußmann mit Christian Ulmen verfilmt. Nun ist am BE Abschied von der Ära Peymann. Doch glaube keiner, hier würde leise „Danke“ gesagt. Es wird garantiert ziemlich laut! (BE: „Die Danksager“, ab 27. 4., 19.,30 Uhr)

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen