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Archiv-Artikel

„Er bleibt ein Archetyp“

MÄNNERTAG Die Evangelische Kirche zeigt Clint Eastwood und diskutiert über männliche Vorbilder

Martin Rosowski

■ 53, ist Vater, Theologe, Geschäftsführer der Männerarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland und Vorstand des Bundesforums Männer.

taz: Die Evangelische Kirche zeigt heute zum Männertag den Film „Gran Torino“ von Clint Eastwood. Ist dieser Mann für Sie ein Vorbild, Herr Rosowski?

Martin Rosowski: Nein.

Warum?

Ich unterscheide zwischen dem Menschen und den Figuren, die er spielt. Der Waffenlobbyist Eastwood, der zu Präsident Obama sagt: Sie sind ein netter Kerl, aber wenn sie mein Grundstück betreten, dann muss ich sie erschießen – der ist für mich kein Vorbild. Bei seiner Filmfigur Walt Kowalski ist das schon etwas anderes, auch wenn hinter ihr ein extremes und schwieriges Rollenbild steckt. Die Figur ist eine gebrochene. Da muss man zumindest darüber nachdenken.

Aber Eastwood spielt hier einen Archetypen, den Krieger, wie in früheren Rollen auch.

Ja, aber er bleibt nicht der einsame Wolf, der allein gegen das Böse kämpft. Er tritt in Beziehung zu seinem Nachbarsjungen und begegnet ihm mit Respekt, Zuneigung und Anerkennung, auch wenn er das rassistisch ausdrückt. Das ist anders als bei seinen früheren Figuren. Am Schluss opfert er sich, um den Jungen vor der Gewalt anderer und sich selbst zu schützen. Aber er bleibt ein Archetyp, der keine Alternative zur Gewalt sieht.

Aber gerade in der Männerbewegung sind Archetypen immer wieder sehr gefragt.

Mittlerweile glaube ich, dass sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass das keine vorbildhaften Rollenmuster sind.

Ist Clint Eastwood also das Gegenteil eines Vorbildes?

Ja. Uns ist ja klar, dass wir weniger Helden und Idole brauchen, sondern Individuen, die ihren Lebensentwurf reflektiert leben und die Erfahrung, die sie dabei machen, an jüngere Menschen weitergeben.

Was machen Sie in der Männerarbeit der Evangelischen Kirche, wenn nicht „Mensday“ ist?

Wir bemühen uns Themen und Angebote zu finden, die die Männer in ihrer Lebenswirklichkeit abholt und es für sie wieder attraktiver macht, am Gemeindeleben teilzunehmen. Das können etwa Pilgerwanderungen, meditative Tage im Kloster oder Vater-Kind-Angebote sein.

Kommen Männer, die nicht heterosexuell sind, da auch vor?

Schwule Väter sind uns selbstverständlich wichtig, auch sonst sind wir längst davon ab, homophob zu sein. Wir haben aber bisher noch keine direkten Angebote für homosexuelle Männer. Die Frage ist auch, inwiefern Menschen, deren sexuelle Identität jenseits der Zweigeschlechtlichkeit liegt, bei uns Platz finden. Darüber machen wir uns momentan viele Gedanken. Wir dürfen dafür nicht blind sein.

Interview: Jan Zier

19 Uhr, Kulturkirche St. Stephani