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Archiv-Artikel

Auf dem schwarzen Teppich

KREISCHEN Vor der Premiere des neuen „Twilight“-Vampirfilms harren Hunderte Fans in der Kälte aus, um einen Blick auf ihre Stars zu erhaschen

Wenn Marie kreischt, klingt das so schrill, als würde eine Kreissäge einen Ast in zwei Teile schneiden. Die Elfjährige, pinke Fleecejacke, blonde Zöpfe, steht auf der Sitzfläche eines Barhockers im Sony Center am Potsdamer Platz. Von dort oben blickt sie über Hunderte Gleichgesinnte, die sich am Freitag um den vampirhaft schwarzen Teppich vor dem Premierenkino drängen: Seit drei Stunden warten sie auf die Ankunft von Kristen Stewart, Robert Pattinson und Taylor Lautner. Die Helden der „Twilight“-Saga sind zur Deutschlandpremiere des zweiten Teils von „Breaking Dawn – Bis(s) zum Ende der Nacht“ nach Berlin gekommen. „Kristen, I love youuuuu“, kreischt Marie schon mal und ballt die Fäuste gegen die Kälte.

Rund 30 Fans haben bereits die Nacht mit Wärmedecken am Potsdamer Platz verbracht, um die besten Plätze zu ergattern. Wäre es nach Marie gegangen, hätte auch sie die Schule geschwänzt und zumindest vormittags hier gewartet. Jetzt muss sie sich mit dem Hocker am Rand zufrieden geben, neben ihrer 30 Jahre alten Cousine, zwei 18-jährigen Mädchen und einer Frau Mitte 50, die Tee in einer Thermoskanne dabeihat. Maries spitze Nase ist rot angelaufen, sie starrt auf die Leinwand, auf der jeden Moment die Limousine der Stars auftauchen muss.

Limo mit Chauffeur

„Es geht los, es geht los!“, schreit sie, das Auto fährt vor. Ein Chauffeur öffnet die Tür, Stewarts’ Zopf lugt hervor. „Kristen, aaaaaaah“, kreischt Marie. „Ich wünsche mir, dass Rob und Kristen wieder zusammenkommen, die beiden waren mein Traumpaar“, sagt sie und schnappt nach Luft. Dieses Vampirgetue sei gar nicht das, was sie an den Filmen so möge: „Ich mag die Liebesgeschichte“, sagt sie und lächelt verträumt. Stewart und Pattinson, im echten Leben recht frisch getrennt, posieren jedoch kühl und reserviert – als bemühten sie sich, keine Gerüchte über ein Liebescomeback zu nähren.

Auch gegenüber den Fans bleibt das Vampirtrio auf Distanz: Stewart signiert Fotos, doch Körperkontakt vermeidet sie tunlichst. Dann schreiten die beiden Männer über den Teppich. „Roooob, I love youuuu“, kreischt Marie. „Taylooor“, schreit ihre Cousine und knipst mit ihrem Handy drauflos. Die Frage, wer auf welchen der beiden männlichen Hauptdarsteller steht, spaltet die weibliche Fangemeinde. „Ich mag Rob, er lächelt so süß“, sagt Marie und winkt ihm: „Dreh dich zu mir um!“ Doch im Kreischkonzert geht ihre Stimme unter, schon sind die Schauspieler im Kino verschwunden.

„Ich will da rein“, sagt Marie und stampft mit dem Fuß. Den letzten Teil der Saga wird sie jedoch erst zum Kinostart Ende November sehen. „Hätte mich gefreut, wenn die wenigstens mal hergeguckt hätten“, sagt sie. „Wir haben schließlich so lange gewartet.“ Julia Amberger