DVDESK
: Was man genießt

„Tanz der Teufel“ („The Evil Dead“. USA 1981, Regie: Sam Raimi)

Mehr als 30 Jahre lang war „Tanz der Teufel“ in Deutschland so legendär wie quasi verboten. Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften hatte ihn – mit dem Verweis, er verstoße gegen den Gewaltverherrlichungsparagrafen 131 – indiziert. So durfte er nicht in seiner ungeschnittenen Fassung im Kino aufgeführt oder auf Video verkauft werden. Erst im vergangenen Jahr wurde das Verbot aufgehoben. Im März gab es ein kleines Kino-Release. Jetzt darf den Film jeder Mensch über 16 auch in Deutschland auf einer legalen deutschen DVD sehen.

Das Böse kommt in „Tanz der Teufel“, so ist das oft, wie gerufen. Eine Hütte im Wald, eine Gruppe von fünf jungen Leuten, schon die Fahrt dahin hat ihre Tücken, ein Buch der Toten im Keller, ein Tonband, von dem unverständliche Anrufungen kommen. Drinnen bleibt die Uhr mit einem Schlag stehen, danach ist es die längste Zeit acht Minuten vor sechs. Draußen im Wald tut sich was. Was sich da tut, ist aber in gewisser Weise der Wald selbst. Er rumort, oder in ihm rumort es. Eine der drei Frauen der Gruppe wird von sich schlängelnden Zweigen attackiert, gefesselt und dann von einem Ast brutal vergewaltigt.

Das Rumoren ist visuell eine rasend pirschende Kamerafahrt über Stock, Stein, herbstliche Blätter, durch Geäst, auf die Hütte zu, drinnen die Menschen. Das Böse, das man nicht sieht, nicht als Objekt jedenfalls sieht – außer als Zweig und als Ast –, ist und bleibt Bewegung und subjektiver Kamerablick. Und dieses Böse fährt in menschliche Körper, die dann keine menschlichen Körper mehr sind. Sondern von Dämonen besessen, pastos grün-grau im Gesicht, die Pupillen verschwunden, hysterisch kichern und keckern sie aus innerem Dunkel, brummen mit nicht wiedererkennbarer Stimme, drohen, locken, flehen, andere als sie selbst. Man muss sie in Ketten legen, mindestens, sonst fallen sie über dich her.

Besonders unheimlich eine Szene, in der eine der Besessenen für einen Moment wieder die scheint, die sie war: dein Nächster, den du lieben kannst, den du beschützen und nicht mit der Axt in Stücke hauen, mit dem Gewehr faustdick durchlöchern, mit Stöcken und Pfählen zertrümmern, mit der Kettensäge zerstückeln willst, weil du musst. Du musst, denn er, sie oder es will dir ans Leder und an die Gurgel. Das ist das finster und drastisch Schöne an Filmen wie diesem: die lustvolle Überschreitung von Grenzen als dringende Überlebensnotwendigkeit.

Um die Frage, ob hier Gewalt gegen Menschen verherrlicht (besser: genossen) wird oder doch nur Gewalt gegen Zombies, drehte sich unter anderem der Streit der Behörden. Aber natürlich haben sie mit ihrer Einschätzung recht: Der Zombie gibt die Lizenz zur Darstellung üblen Gemetzels gegen Körper, die man sich als gerade eben noch menschliche vorstellen muss. Blut, gallonenweise, dringt aus Körpern, die Öffnungen haben, wo welche, vor allem aber wo zuvor keine waren. Es ist dieses Grauen, die brutale Verletzung heiler und unheiler Haut, die man genießt, mit halb abgewendetem Blick.

Billig sind die Effekte, keineswegs unfreiwillig ist die Komik der Übertreibung. Lachen erleichtert den Genuss der drastischen Sache. Aber was man genießt, ist nicht in erster Linie die Komik; man genießt schon, dass in der Fiktion erlaubt ist, was im richtigen Leben nicht geht. Gefährlich sind eher jene, die ihre eigene Angstlust beim Blick auf solche Körperzerstörung verdrängen und leugnen. Weil aus des Körpers Mitte quellendes Gedärm im richtigen Leben so unendlich entsetzlich wäre, ist es als liebevoller Special Effect im Horrorfilm ein endlicher Spaß. Ekkehard Knörer

Die DVD ist ab rund 13 Euro im Handel erhältlich