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Es geht nicht um Sex, sondern um Gewalt
betr. „Skandal bei Ultraorthodoxen“, taz vom 29. 3. 17
Eingeleitet wird der Artikel mit „Es ist der wohl größte Sexskandal seit Israels Staatsgründung“. Allerdings geht es im anschließenden Artikel nicht um Sex, sondern um sexuellen Kindesmissbrauch an Mädchen und Jungen, also um sexualisierte Gewalt und eben nicht um Sex. Hier wollen nicht alle „Beteiligten“ Sex miteinander, sondern erwachsene Männer üben Gewalt mittels sexueller Handlungen an Kindern und Jugendlichen aus. Die (politische) Arbeit im Bereich sexualisierte Gewalt wäre um so vieles leichter, wenn der Sprachgebrauch der Straftat angemessen wäre und sich dadurch Bewertungen und Einschätzungen veränderten. Dass dies bei der taz immer wieder und immer noch nicht gelingt, erstaunt mich, gab es doch in diesem Themenbereich Gelegenheit genug, die journalistische Arbeit im Sinne des fachlichen Verstehens zu erweitern. BRIGITTE BRAUN, Schaafheim
Der Zufall
betr.: „Tagebuch einer Abgelenkten“, taz vom 30. 3. 17
gottlob muss im postfaktischen zeitalter niemand mehr angst davor haben, irgendwann einmal nicht mehr zu einfachsten tätigkeiten fähig zu sein.
die digitalisierung des lebens wird uns total frei machen. überflüssig auch. gut, ja nu, man kann nicht alles haben. dafür gibt’s ja dann entspannungsprogramme in der glotze. welche features? rosenduft? währenddessen aktiv sein sollen! auch diese entscheidung wird niemand von uns mehr selbst fällen müssen. der zufall, dieser arrogante schnösel, wird in den geschichtsbüchern unserer lieben kleinen wie ein dinosaurier für ehrfürchtiges staunen sorgen. wittenberge statt wittenberg! das wäre ja nicht mal r2d2 passiert!
so, ich muss los, die zumutungen der analogen welt rufen …aber nicht mehr lange, haha! BORIS KRUMM, Hopfgarten
Was soll das denn?
betr.: „Sichere Räume sind kaum vorhanden“, taz vom 25. 3. 17
Die Autorin verlangt, dass „sich auch die weiße Mehrheitsgesellschaft an der Bekämpfung von Rassismus beteiligt“. Wen soll der Artikel überzeugen? Und wie, bitte, macht man das? Als Lehrerin habe ich mir Ausländerfeindlichkeit vorwerfen lassen, weil ich alle gleichbehandeln wollte. Ich musste lernen, dass alle anders sind. Ich kann doch Menschen mit dunkler Haut – oder Schwule – oder im Rollstuhl Sitzende nicht „normal“ behandeln! „Normal“ sind Flaschen, geformt, genormt und leer! Der Ruf nach der Mehrheitsgesellschaft, die was machen muss, ist eine schillernde Seifenblase kurz vor dem Zerplatzen. Nein, es funktioniert anders herum. Außenseiter – da spreche ich aus eigener Erfahrung, weiß von Verwundbarkeit, Einsamkeit, Selbstzweifeln – haben eine Aufgabe: Sie erweitern den Kreis, wenn sie lernen, die eigene Würde zu leben. HEIDE MARIE VOIGT, Bremen
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