Für wenig weit gekommen

Am Montag ist Schluss: Wer noch mit einem Lidl-Ticket der Deutschen Bahn Zug fahren möchte, muss sich beeilen

Grund genug, wehmütig zu werden: Ein weiteres Kapitel deutscher Schnäppchenkultur wird geschlossen. Am kommenden Montag verlieren die 49,90 Euro teuren Lidl-Tickets der Deutschen Bahn für eine beliebige Hin- und Rückfahrt mit dem Zug innerhalb Deutschlands ihre Gültigkeit. Viele der 550.000 verkauften Gutscheinhefte sind noch ungenutzt. Rund 280 Angebote zwischen 1 und 60 Euro fanden sich gestern Mittag noch auf eBay. Möglicherweise wird es daher am kommenden Wochenende in deutschen Zügen voller als für gewöhnlich werden.

Die Geltungsdauer der Tickets wird dennoch nicht verlängert. „Das wurde so preisgünstig kalkuliert, dass wir uns das nicht leisten können“, sagte Bahnsprecher Achim Strauß gegenüber der dpa. Und in der Tat lassen sich bei längeren Fahrten mit den Lidl-Tickets mehr als 150 Euro sparen. Der Gewinn aus der erfolgreichsten Sonderaktion in der Geschichte der Deutschen Bahn dürfte für das Unternehmen und seinen Partner Lidl also trotz eines Umsatzes von rund 27 Millionen Euro entsprechend gering ausfallen.

Viel wichtiger als der Geld- erscheint im Zusammenhang mit der Aktion jedoch der Imagegewinn, weniger für den in die Schlagzeilen geratenen Discounter als für die Bahn. Konnte es eine bessere Werbung für das Unternehmen geben als die Bilder vom Morgen des 19. Mai, als sich vor diversen Lidl-Filialen lange Warteschlangen bildeten? Schlangen von „Menschen, die wir sonst nicht erreichen“, wie Bahnchef Hartmut Mehdorn gegenüber der dpa schwärmte. Nicht zuletzt konnte mit dem Ticketverkauf im Supermarkt auch die Auslastung der Fernzüge deutlich gesteigert werden.

Die Deutsche Bahn hat sich mit den Lidl-Tickets der Republik zur Abwechslung einmal von ihrer kundenfreundlichen Seite gezeigt. Ein Preis für jede beliebige Strecke innerhalb Deutschlands: bis auf Weiteres wird dieses Angebot eine einmalige Aktion und der fromme Wunsch vermutlich vieler Bahnkunden bleiben. Wer am Wochenende eine Reise tut, etwa zum Oktoberfest, hat somit jetzt die vorerst letzte Gelegenheit, sich diesen Wunsch zu erfüllen. RETO GLEMSER/dpa