Hörspiel Der akustische Spaghettiwestern „Sartana – noch warm und schon Sand drauf“ und Marguerite Duras’ „Der Liebhaber“
: Diese Liebe ist zum Scheitern verurteilt

Da wiehert ja der Amtsschimmel!“ Kalauer wie dieser gehören noch zu den harmloseren auf dem Spaghettiwestern-Hörspiel „Sartana – noch warm und schon Sand drauf“. Bela B., singender Stehschlagzeuger von Die Ärzte, hat seinen Hang zu Comic und Western mit seiner musikalischen Expertise verbunden und aus der Synchronfassung des gleichnamigen Films von 1970 zusammen mit einschlägig bekannten, countryaffinen Mit­streiter*innen ein Hörspiel gemacht.

Das Buch schrieb der Synchronsprecher Rainer Brandt (deutsche Stimme von Tony Curtis, Jean-Paul Belmondo und Elvis Presley) und Synchron-Dia­logschreiber (etwa der Spaghettiwestern von Terrence Hill und Bud Spencer). Dabei lässt Brandt kein Genreklischee ungenutzt, was ein steter Quell der Freude ist. Untermalt ist die selbstverständlich völlig nebensächliche Story – der Revolverheld Sartana hilft einer gar nicht mal so hilfsbedürftigen jungen Frau, sich nicht all zu sehr übers Ohr hauen zu lassen – mit einer harmonischen, genretypischen Geräuschkulisse.

Regisseur Leonard Koppelmann hat die Sprecher*innen Bela B., Peta Devlin, Oliver Rohrbeck und Stefan Kaminski angewiesen, ihre Texte mit der herrlich gelangweilten Coolness zu interpretieren, die in den Siebzigern in Mode war. Die launigen bis geschmäcklerischen Dia­loge, mit denen die Sprecher das Geschehen kommentieren, sind bei Liveauftritten wahrscheinlich sehr amüsant und verleihen dem Hörstück eine zusätzliche Dimension. Auf CD gebrannt ist das Geplapper eher unerheblich bis peinlich, weil es seinen Unterhaltungswert – um jetzt mal in Sartana-Sprech zu verfallen – nicht von zwölf bis Mittag zu halten vermag.

Die waschechten Countrysongs, mit denen Bela B. und die Hamburger Countrymusikerin Pe­ta Devlin (Cow, früher auch Die Braut haut ins Auge) zusammen mit Smoke­stack Lightnin’, einer altgedienten Americana-Rootsrock-Band aus Nürnberg, aufwarten, klingen hingegen makellos, gehen ins Bein und machen das Hörspiel als Ganzes doch zu einem twangy Vergnügen. Die Hörspieltruppe tourt im März durch die Republik.

Saloontür zu, Salontür auf: Eine radikal andere Art von Hörspiel ist Kai Grehns Version von Marguerite Duras’ autobiografisch geprägtem Roman „Der Liebhaber“. Wie eigentlich allen Literaturadaptionen des preisgekrönten Hörspielregisseurs und Autors Grehn haftet auch dieser etwas Entrücktes an. Die ganze Produktion strahlt große Ruhe aus, die wohlgesetzten Dia­loge kommentiert der chinesische Musiker Song Yuzhe mit einer reizvollen Mischung aus traditioneller chinesischer Musik und gitarrengelenktem Folk.

Am Eindrücklichsten sind die Texte, mit denen die gereifte Duras ihre Liebesgeschichte erzählt

Grehn fokussiert auf die erotische und nur nachlässig geheim gehaltene Liebesgeschichte der 15-jährigen Marguerite mit dem zwölf Jahre älteren Sprössling eines chinesischen Milliardärs. Die Beziehung ist aufgrund der gesellschaftlichen Zwänge im Indochina der Dreißigerjahre zum Scheitern verurteilt. „Ich will, dass Sie tun, was Sie üblicherweise mit Frauen tun.“ Paula Beer streicht in der Rolle der Marguerite mit ihrer melodischen Stimme die Eigenverantwortlichkeit und die aufkeimende Wollust der 15-Jährigen heraus. Sie macht das Wissen um die Ausweglosigkeit der Beziehung und die daraus folgende emotionale Verwirrung Marguerites deutlich, indem sie ihren Part abgeklärt und zärtlich zugleich spricht. Dabei harmoniert Beer gut mit Alexander Fehling, der den Liebhaber angemessen verzweifelt und dezent hörig interpretiert.

Am Eindrücklichsten sind die Texte, mit denen die gereifte und längst nach Frankreich zurückgekehrte Duras die Geschichte erzählt. Dagmar Manzels Timbre transportiert zwar nachvollziehbar Schmerz und Wehmut. Doch in der Art, wie sie stets die letzten Silben der Sätze in die Länge zieht, verleiht sie ihrem Part einen enervierenden Pathos. Rätselhaft erscheint der Entschluss Grehns, mehrfach längere französische Textstellen zu zitieren. Wer des Französischen nicht mächtig ist, kann sich zwar an der Sprachmelodie erfreuen, würde aber an der deutschen Version der Textstellen sicher mehr Freude haben. Sylvia Prahl

Bela B., Rainer Brandt: „Sartana – noch warm und schon Sand drauf“. Hörspiel, 2 CDs, 1 Stunde 32 Minuten, Der Hörverlag

Marguerite Duras: „Der Liebhaber“. Hörspiel, 1 CD, 83 Minuten, Hörbuch Hamburg