LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Mit Gewalt zum „Glück“ gezwungen

betr.: „Wie Beduinen vorschnell zu Terroristen werden“, taz vom 27. 2. 2017

Der Artikel erweckt den Eindruck, dass es durchaus rechtsstaatlich in Israel zugeht: Beduinen, die nicht bereit sind zur Umsiedlung und sich dagegen wehren, müssen halt mit Gewalt zu ihrem „Glück“ gezwungen werden, in die für sie bereitgehaltenen Wohnungen umzuziehen. Dabei wird übersehen, dass Beduinen nicht in Stadtwohnungen verfrachtet werden können.

Noch viel schlimmer ist, dass Israel damit gegen das Völkerrecht verstößt. Dieser Teil des Landes gehört seit 1967 zum besetzten Gebiet. Infolge dessen wird zum Ende der Besatzung aufgerufen. Leider tut das nicht die taz. Israel ist nicht bereit, weil es das Land der Beduinen längst zum Staatsgebiet rechnet.

Als Besatzungsmacht ist der Staat nicht befugt, derartig in das Leben der dort seit Generationen lebenden Menschen einzugreifen. Nachdem Israel seit der Besetzung des Landes den Einwohnern das Leben nur schwer gemacht und alle Initiativen der Einwohner zur Verbesserung ihrer Situation verhindert hat, versucht der Staat, nun „vollendete“ Tatsachen zu schaffen, weil sich langsam in der Weltöffentlichkeit Widerstand gegen die Annektion der besetzten Gebiete regt.

GOTTFRIED BRANDSTÄTER, Hamburg

Gewehr bei Fuß

betr.: „Läuft nicht mehr wie geschmiert“, taz vom 24. 2. 2017

U-Boote für Israel und Waffen in alle Welt. Die Bundesrepublik „zeichnet“ sich durch immense Rüstungsexporte aus und schafft somit Voraussetzungen für Tod und Verderben für viele unschuldige Menschen. Damit dies gut gelingt, wird auch noch kräftig geschmiert.

Die schwarz-rote Bundesregierung steht Gewehr bei Fuß und sanktioniert das Treiben mit dem explosiven Exportgeschäft. Der alte Wirtschaftsminister und neue Außenminister Gabriel trägt dafür maßgeblich und tatkräftig die Verantwortung. Aber auch eine Mehrheit im Bundestag fördert das Geschäft mit dem Tode, indem es die Auslandseinsätze der Bundeswehr ausweitet, anstatt die Soldatinnen und Soldaten zurückzuholen.

Den Mitgliedern der Regierung und Bundestagsabgeordneten sollte man Stefans Heyms aufrüttelnden Gedichtzeilen zur Pflichtlektüre machen: Wir lehren Mord! Wir speien Mord! Wir haben in Mördern großen Export! Ja! Es freut sich das Kind, es freut sich die Frau. Von Gas werden die Gesichter blau. Die Instruktionsoffiziere sind da. RAIMON BRETE, Chemnitz

Soziales Gemenschele

betr.: „Es ist immer auch Sprachpolitik“, taz vom 25. 2. 2017

Ob die These, dass der Rechtspopulismus etwas mit der zunehmenden sozialen Schieflage zu tun habe, das Produkt von Linksintellektuellen sei, erscheint mir fragwürdig.

Dass Autoren in der FAZ schreiben, dass die Linke die soziale Frage wiederentdecken müsse, auch. Vielmehr ist es die Sozialdemokratie, die sich darauf wieder besinnen muss, und kaum geschieht das, steigen ja auch schon die Umfragewerte, und kaum geschieht das, steigen ja auch schon die Umfragewerte. Wohl auch deshalb, weil endlich mal von tatsächlichen Bedürfnissen geredet wird, und nicht davon, wie man der AFD begegnen muss.

Bei Christian Volk erscheint das „politische Subjekt“ nur als Objekt von Sprachmanipulation, ob von links oder von rechts. „Die politische Subjektkonstitution der Bürgerinnen und Bürger kapitalistischer Demokratien“ ist eine wortgewaltige Konstruktion, die nur Sinn ergibt, um die Manipulationsanfälligkeit der Bürger ausloten zu können.

Das allgemeine Misstrauen in Politik resultiert gerade auch daraus, dass alle Politiker sich in erster Linie an Ergebnissen der „wissenschaftlichen Meinungsforschung“ orientieren, und selbst möglichst wenig Meinung und Interesse vertreten, sondern Sachzwänge akzeptieren.

Der Erfolg der Rechten entstand vor allem deshalb, weil ein allgemeiner Vertrauensverlust gegenüber den Eliten entstanden ist, welche nur für die eigene Tasche wirtschafteten.

Dagegen wird ein soziales Gemenschele wie bei Schulz nicht dauerhaft erfolgreich sein. Denn diese Krise ist mehr als Stimmung, sie ist real. BURKHART BRAUNBEHRENS, Ebertsheim

Selbstverwaltete DRK-Schwestern

betr.: „Auf Jahre verliehen“, taz vom 1. 3. 17

Viel zu oft wahrt die taz keine kritische Distanz zu Thesen der Gewerkschaften und recherchiert in diesen Fällen nicht sorgfältig, wie jetzt wieder bei der negativen Berichterstattung der taz zu einer Ausnahmeregelung für DRK-Schwesternschaften bei der Arbeitnehmerüberlassung.

Auch Gewerkschaften vertreten in erster Linie eigene geschäftspolitische Interessen und kümmern sich erst in zweiter Linie um die Arbeitnehmerinteressen - daher deren Ablehnung des Selbstverwaltungsmodells der DRK-Schwesternschaften. Die DRK-Schwestern sind die „Eigentümer“ ihrer Schwesternschaften, sie wählen selbst ihre Leitung und ein Gremium zur Kontrolle der Rechte der einzelnen Schwestern, zudem stimmen sie auch noch über ihre eigene Bezahlung ab – sind also fast ein Musterbeispiel selbstverwalteter Betriebe.

Das passt natürlich den dadurch überflüssigen Gewerkschaften gar nicht ins Geschäftskonzept.

Die taz sollte unterstützen, dass alle selbstverwalteten Betriebe vom Arbeitnehmerüberlassungsgesetz ausgenommen werden, anstatt kritiklos die Geschäftspolitik der Gerwerkschaften nachzubeten. THOMAS VON HOLT, Bonn