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Archiv-Artikel

Charité braucht Hilfe von außen

MISSBRAUCH Senatorin Scheeres fordert schriftlichen Bericht über die Versäumnisse der Klinik. Deren Strukturen sollen externe Berater prüfen

Nach dem mutmaßlichen sexuellen Missbrauch einer 16-Jährigen durch einen Krankenpfleger an der Charité wird die Klinikleitung weiter scharf kritisiert. Bei der Aufstellung von Kriterien, wie künftig zum Schutz von Kindern verfahren wird, soll die Klinik jetzt die Beratungsstelle „Kind im Zentrum“ hinzuziehen. Das sei auf einem Treffen der Klinikleitung mit Berlins Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD) vereinbart worden, sagte der Sprecher der Senatswissenschaftsverwaltung, Thorsten Metter, am Freitag.

Zudem muss die Charité bis Montag einen schriftlichen Bericht bei der Senatorin vorlegen, der die genauen Abläufe zu dem Vorfall benennt. Darüber hinaus soll ein externes Gremium untersuchen, wie es zu bisher ungeklärten Fällen von Missbrauch an der Klinik kommen konnte. Zu den Mitgliedern gehört die frühere Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.

Sensibilität gefordert

CDU-Generalsekretär Kai Wegner kritisierte, dass an der Charité jahrelang Missbrauchsfälle vertuscht wurden. Statt Anzeige zu erstatten, sei lediglich die hauseigene Rechtsabteilung eingeschaltet worden. Das sei ein falsches Signal an die Opfer. Staatsanwaltschaft und Polizei müssten schnellstmöglich ihre Ermittlungen aufnehmen können. Nur so könnten Täter konsequent bestraft werden.

Nach Ansicht der Grünen muss diskutiert werden, ob die Strukturen, mit denen Europas größte Universitätsklinik geführt wird, ausreichen, um ein gutes Krisenmanagement sicherzustellen. Es gehe um ausreichende Sensibilität und eine transparente und klare Kommunikation mit der Öffentlichkeit, sagte der gesundheitspolitische Sprecher, Heiko Thomas.

Die Klinikleitung hatte am Donnerstag weitere Versäumnisse einräumen müssen. Sowohl Vorstandschef Karl Max Einhäupl als auch der Ärztliche Direktor Ulrich Frei waren bereits zwei Tage nach dem Vorfall informiert – allerdings ohne Details zu kennen, erklärten beide Mediziner. Zudem soll der mutmaßliche Täter, der weiterer Übergriffe verdächtigt wird, bereits in der Charité und bei den Sicherheitsbehörden aktenkundig sein.

Der inzwischen suspendierte Mann soll die Jugendliche am Mittwoch vor einer Woche in der Rettungsstelle der Charité sexuell missbraucht haben. Zunächst hatte Einhäupl angegeben, er sei erst am Dienstag darüber informiert worden. (dapd)