Die Geister, die sie rufen

DIE GRÜNEN UND DIE CDU

Ein paar Monate wirkten sie so friedlich, so innig verbunden: Berlins Grüne hatten nach der Fastabspaltung ihres linken Fraktionsflügels Ende 2011 den gemeinsamen Spirit wiederentdeckt. Das ging so weit, dass die Truppe bis vor Kurzem von einer einzigen Vorsitzenden geführt werden durfte. Die beiden Chefs des Landesverbands – vom linken und vom Realo-Flügel – lobten sich gegenseitig. Sogar Renate Künast, die als Spitzenkandidatin die Wahl granatenmäßig verpatzt hatte, wirkte plötzlich wieder angesehen. Alles vorbei?

Ausgerechnet von Springers Morgenpost ließ sich die Landesvorsitzende Bettina Jarasch am Mittwoch damit zitieren, es sei grundsätzlich richtig, dass sich die Partei „nicht einseitig“ an die SPD binde. Die Reaktion folgte prompt: Ihr linker Ko-Chef Daniel Wesener bemühte das Parteiprogramm, um zu belegen, dass Schwarz-Grün „de facto“ ausgeschlossen sei. Und der linke Kreuzberger Miesepeter Dirk Behrendt holte ganz weit aus: Jarasch sei wohl von „allen guten Geistern verlassen“.

Da ist sie also wieder: die lokale Version der grünen Dauerdebatte, ob eine Koalition mit der CDU vorstellbar ist. Nach der Kür der Bundes-Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin vor zwei Wochen war es offenbar nur eine Frage der Zeit, dass ein Berliner nicht mehr an sich halten konnte.

Wer böse sein will, kann die Exalternativen inzwischen auf diesen Streitpunkt reduzieren: Eine Entscheidung für oder wider Schwarz-Grün ist für die jeweilige Wählerklientel eine wesentliche Wahlvoraussetzung.

Dumm nur, dass diese Entscheidung vor der Bundestagswahl nicht fallen wird. Und so wird die Diskussion uns – mindestens – bis September begleiten. Ob der Geist, den Jarasch rief, den Grünen nutzt oder schadet, das weiß so lange niemand.

BERT SCHULZ