Medienticker

Der Privatsender Sat.1 hat nach der ARD nun offenbar auch seinen Schleichwerbe-Skandal. Pharmafirmen, Finanzdienstleister und Versicherungen sollen in großem Stil redaktionelle Beiträge im Frühstücksfernsehen und im Vorabendprogramm des Privatsenders gekauft haben, berichtete die Süddeutsche Zeitung gestern. Der Gesamtumsatz aus den illegalen Geschäften soll von 2000 bis 2005 bei mehr als 1 Million Euro gelegen haben.

Nach Darstellung der Zeitung fungiert die Schweizer Agentur Connect-TV als Mittler bei den Schleichwerbe-Geschäften. Die Firma produziere die als Journalismus getarnten PR-Beiträge für Sat.1 und stelle den Schleichwerbung treibenden Firmen dafür eine Rechnung. Offiziell würden damit die „Kosten für Rechteerwerb“ abgerechnet.

Die Hälfte des Erlöses überweise Connect-TV dann an eine Sat.1-Tochter, nachdem diese eine Scheinrechnung über „Austauschleisten“ gestellt habe. Zu den Kunden der Agentur zählen laut SZ das Finanzinstitut AWD, die Autofirma Pit-Stop, die WWK-Versicherungsgruppe sowie die Arzneimittelhersteller Klosterfrau, Spitzner und Lichtwer. Der Preis für „wohlwollende Berichte“ oder die Platzierung von firmeneigenen Experten liege im Schnitt bei 20.000 Euro. Die aktuellen Umsätze melde Connect-TV regelmäßig an den Sat.1-Mutterkonzern ProSiebenSat.1 in München.

ProSiebenSat.1-Sprecherin Katja Pichler sagte, der Konzern könne am Donnerstag noch keine Erklärung zu der Sache abgeben. Die Prüfung der Vorwürfe werde einige Zeit in Anspruch nehmen. „Das ist Vorstandsangelegenheit, wir nehmen das alles sehr ernst“, so Pichler.

Unterdessen kündigte die für Sat.1 zuständige Landeszentrale für Medien und Kommunikation (LMK) Rheinland-Pfalz an, die betreffenden Sat.1-Sendungen aus den zurückliegenden drei Monaten zu prüfen. Dann werde der Sender um Auskunft gebeten. „Vor allem interessiert uns, welche Maßnahmen Sat.1 selbst ergriffen hat, um die Vorwürfe aufzuklären“, sagte LMK-Direktor Manfred Helmes. Dem Sender drohe eine Geldbuße von bis zu 500.000 Euro. Außerdem könne Sat.1 verpflichtet werden, eine Beanstandungserklärung auszustrahlen. (epd)

Michael Konken (51), Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verband (DJV), hat sich gegen Überlegungen in der EU-Kommission zur Erleichterung der Produktplatzierung in bestimmten Fernsehsendungen gewandt. „Wenn diese Pläne Wirklichkeit werden, wird sich die Schleichwerbung in der Praxis in allen Medien ausbreiten“, erklärte Konken. Die für Medien zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding hatte am Montag in Berlin gesagt, sie könne sich vorstellen, Placements in fiktionalen TV-Programmen zuzulassen (siehe taz vom 28. 9). Eine abschließende Meinungsbildung der EU-Kommission gebe es jedoch noch nicht. (dpa)