: IG Metall fragt: Job-Abbau notwendig?
Betriebsversammlungen bei Mercedes. 8.500 Beschäftigte sollen gehen – sehr viele in Sindelfingen
FRANKFURT/M. taz ■ 8.500 Arbeitsplätze weniger innerhalb eines Jahres – das ist die Ansage des designierte Vorstandsvorsitzenden von DaimlerChrysler, Dieter Zetsche. Diese offizielle Nachricht über den geplanten Abbau von Jobs bei der Mercedes Car Group ließ er gestern in einem Brief an die „lieben Mitarbeiter“ verbreiten. Der zukünftige Konzernchef wies auf die schon „seit Wochen“ laufenden Verhandlungen mit dem Betriebsrat hin, in denen es nur noch um die Sozialverträglichkeit des Stellenabbaus gegangen sei.
Schon in den nächsten Tagen, so Zetsche, werde die Belegschaft über konkrete Abfindungsangebote informiert. Für Abfindungen und Vorruhestand habe das Unternehmen insgesamt 950 Millionen Euro bereitgestellt.
Die Belegschaft der Mercedeswerke bei Stuttgart und in Bremen wurde während der laufenden Verhandlungen nicht kontaktiert und nach ihren Vorstellungen über den besten Weg „zu mehr Wettbewerbsfähigkeit“ (Zetsche) befragt. Unternehmensführung und Betriebsrat konfrontierten die Beschäftigten erst nach Abschluss ihrer Konsensgespräche mit deren Ergebnis. Das hat nicht allen Mitarbeitern auf den Betriebsversammlungen gestern im Stammwerk in Sindelfingen und in Bremen gefallen. Besonders in Sindelfingen, wo Zetsche vor knapp 10.000 Mitarbeitern auch persönlich vorsprach, war der Unmut groß. Das Werk soll die Hauptlast der „Restrukturierungsmaßnahmen“ tragen. 3.100 der insgesamt 8.500 bei der Mercedes Car Group abzubauenden Stellen würden dort gestrichen, hieß es. In Bremen müssen bis zu 3.000 Menschen „freiwillig“ das Feld räumen. Und die restlichen Stellen werden wohl im Werk Untertürkheim und bei „Smart“ obsolet.
Zetsche und der Betriebsratsvorsitzende Erich Klemm erklärten übereinstimmend, dass es im Zusammenhang mit dem Personalabbau zu keinen betriebsbedingten Kündigungen kommen werde.
Der Zweite Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, fühlt sich – was den Stellenabbau in Sindelfingen anbelangt – von der Unternehmensführung „nicht getäuscht“. Dass es bei Mercedes „Personalüberhänge“ gebe, sei schließlich bekannt gewesen. „Überrascht“ war Huber aber bei der Bekanntgabe der großen Anzahl der zu streichenden Stellen: „Die Zahl 8.500 ist bis dato noch nicht unterfüttert mit konkreten Problemaufrissen oder Zukunftslösungen. Deshalb erlaube ich mir, diese Zahl in Frage zustellen.“ Offenbar aber ist bei der Mercedes Car Group beim Personalabbau das Ende der Fahnenstange noch nicht einmal erreicht. In seinem offenen Brief an die Belegschaft jedenfalls schrieb Zetsche auch, dass noch „ein langer und harter Weg vor uns liegt, bis die Mercedes Car Group wieder wirklich wettbewerbsfähig ist“.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT