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THEATER

TheaterEsther Slevogt betrachtet das Treibenauf Berlins Bühnen

In den griechischen Tragödien ist das Schicksal der Menschen von den Göttern vorbestimmt. Dagegen gibt es dann auch keine irdische Handhabe. Das macht zum Beispiel die Geschichte von Ödipus deutlich, dessen Eltern bei seiner Geburt vorhergesagt wird, er werde einst den Vater töten und die Mutter heiraten. Da erschrecken sich die Eltern naturgemäß und wollen das Unglücksbaby loswerden und mit ihm die monströse Gefahr. Aber mit dem Aussetzen des Kindes (damit es verhungert oder von wilden Tieren gefressen wird) kommt das Unglück erst in Gang: Denn der Junge, der gerettet wird und in der Fremde aufwächst, kennt jetzt seine Eltern gar nicht, und so kommt es, dass er eines Tages tatsächlich den Vater tötet, den er für einen Fremden hält, und dann dessen Witwe heiratet, die eben seine Mutter ist. Natürlich ist auch das Leben der Kinder aus einer solchen Verbindung nicht gerade prädestiniert, glücklich zu verlaufen. Und so geht die Tragödie in der nächsten Generation weiter: mit Ödipus’ Kindern Antigone und Polyneikes. Im Maxim Gorki Theater hat sich nun der 29-jährige Regie-Shooting-Star Ersan Mondtag, der in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal mit einer Arbeit zum Theatertreffen eingeladen ist, mit „Antigone und Ödipus“, mit der Unglücksfamilie und dem archaischen Unheil, das ihr widerfährt, befasst. Mondtags Theaterarbeiten sind Hybride aus Performance und Installation: atmosphärenstarke wie abgründige Kunstwelten, die oft von zombihaften Wesen bevölkert und deutlich inspiriert von den Theaterexzessen des norwegischen Regisseurs Vegard Vinge sind, dessen Regieassistent Mondtag einst war (Maxim Gorki Theater, Premiere 17. 2., 19.30 Uhr).

Von den Tragödien des Menschen handelt auch das Stück „Kein Dach kein Boden“ von Amina Gusner, die darin Menschen nach ihrem Selbstmord in einer Zwischenwelt aufeinandertreffen lässt. In diesem undefinierten Transitraum zwischen Leben und einem irgendwie gearteten Danach sind die Toten mit den Fragen danach beschäftigt, was nun kommt und wird. Ob sie jetzt wirklich tot sind, ob das tatsächlich schon alles war oder noch irgendetwas kommt. Und wie man das überhaupt hinkriegt, tot zu sein. Sie schauen aber auch noch einmal auf das Leben, aus dem sie sich dann so früh selbst verabschiedeten. Ihrem Stück, das sie im Theater unterm Dach in der Danziger Straße auch selbst inszeniert, hat Amina Gusner authentische Abschiedsbriefe von Selbstmördern zugrundegelegt: ein Konzert aus Stimmen, Worten und Gesang über das, was wir Leben nennen (Theater unterm Dach: „Kein Dach kein Boden“, 16., 17., 18. & 19.2., jeweils20 Uhr).

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