: Ehud Barak tritt von politischer Bühne ab
ISRAEL Als Soldat wurde Barak hoch dekoriert und stets gefeiert, als Politiker sahen viele in ihm den opportunistischen Wendehals. Den Palästinensern galt er weniger als Friedens- denn als Kriegspolitiker
JERUSALEM dapd/rtr/taz | Der israelische Verteidigungsminister Ehud Barak scheidet überraschend aus der Politik aus. Er werde sein Amt noch bis nach der Parlamentswahl im Januar bekleiden, erklärte Barak am Montag auf einer Pressekonferenz. Danach sei für ihn Schluss. „Ich habe diese Entscheidung nicht ohne Zögern getroffen, aber mit ganzem Herzen.“ Er wolle vor allem mehr Zeit für seine Familie haben, sagte der hochdekorierte General und ehemalige Ministerpräsident.
Fragen, ob er trotz der Ankündigung nach der Parlamentswahl am 22. Januar als außerparteilicher „Expertenminister“ einer künftigen israelischen Regierung angehören könnte, wich Barak am Montag aus. Beobachter werteten das als Zeichen, dass er sich möglicherweise doch noch eine Hintertür für eine Rückkehr in die Politik offenhalten will.
Im Laufe seiner langen Karriere hat Ehud Barak viele Rollen gespielt. In seiner spektakulärsten schlüpfte er in die Kleider einer Frau. Bei der Jagd auf die Hintermänner des Olympia-Attentats von München verkleideten sich Barak und ein weiteres Mitglied einer Spezialeinheit 1973 in Beirut als Liebespaar, um drei hochrangige PLO-Offizielle, die Israel als Hintermänner des Massakers im Vorjahr ausgemacht hatte, zu töten. Als Elitekämpfer wurde der 70-Jährige so hoch dekoriert wie kein anderer Israeli. Als Politiker jedoch ist der Kibbuz-Sprössling in seiner jahrzehntelangen Karriere zu einer der umstrittensten und einer wegen ungezählter radikaler Kehrtwendungen geradezu verachteten Persönlichkeit geworden.
Seine politische Laufbahn begann Barak 1995, als er vom Posten des Generalstabschefs auf den Stuhl des Innenministers wechselte. Nach der Ermordung von Ministerpräsident Jitzhak Rabin stieg er unter dem neuen Regierungschef Schimon Peres zum Außenminister auf. Im Mai 1999 besiegte der zum Chef der Arbeitspartei aufgestiegene Barak seinen Erzrivalen Benjamin Netanjahu bei vorgezogenen Neuwahlen und wurde Premier. 2000 führte er mit Jassir Arafat und Bill Clinton die berühmten Friedensverhandlungen von Camp David, die jedoch scheiterten. Bei den Neuwahlen 2001 unterlag Barak Ariel Sharon. Als Verteidigungsminister der Kadima-Regierung von Ehud Olmert und dessen Nachfolger Netanjahu bestimmte Barak die kriegerischen Linien der israelischen Politik. In seine Zeit fallen die beiden Feldzüge gegen die Hamas im Gazastreifen von 2008 und 2012. GB
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