Plattformmangel in den USA

Nach den Hurrikanen sind viele Ölinseln im Golf von Mexiko kaputt – und Ersatz ist schwer zu bekommen. Kapazitäten der Produzenten reichen nicht aus. Druck auf Ölmarkt

BERLIN taz ■ Zuerst die gute Nachricht: Die meisten der nach dem Hurrikan „Rita“ im Golf von Mexiko verschollenen Bohrinseln sind wieder aufgetaucht. Allerdings sind viele von ihnen nicht mehr oder zumindest nicht sofort einsatzfähig. Und das bedeutet weiteren Druck auf die überhitzten Ölmärkte.

Die Ölfirma GlobalSantaFe Corp. fand beispielsweise zwei ihrer vermisst gemeldeten Plattformen schwer beschädigt im flachen Wasser vor der Küste Louisianas wieder, rund 80 Seemeilen von ihrer eigentlichen Position entfernt. Eine Plattform von Transocean Inc., dem größten Ölbohrplattformbetreiber der Welt, wurde sogar 140 Seemeilen weit abgetrieben. Eine andere ging 40 Seemeilen vor der Grand Isle vor Louisiana auf Grund, nachdem der Versuch, sie vor dem Sturm mit einem Hochseeschlepper aus der Gefahrenzone zu manövrieren, gescheitert war. Vom Sturm am heftigsten getroffen wurden fest verankerte Bohrinseln, während so genannte dynamisch positionierte Plattformen leichter zu verlegen sind und überwiegend rechtzeitig in sicherere Gewässer gebracht werden konnten.

Finanziell sind die Schäden für die betroffenen Unternehmen auf den ersten Blick kein Problem: GlobalSantaFe beziffert beispielsweise den Buchwert der beiden Plattformen auf 22,2 Million US-Dollar, versichert sind sie aber mit bis zu 125 Millionen Dollar.

Allerdings ist es kaum möglich, kurzfristig Ersatz zu bekommen: Nach den Attacken der Hurrikane „Katarina“ und „Rita“ ist der Bohrinselmarkt weltweit leer gefegt. Denn die technisch hochgerüsteten Fabriken für den Hochseeeinsatz werden nur von wenigen Spezialfirmen gebaut. Die Kosten schwanken je nach Ausstattung zwischen 90 Millionen Dollar für reine Lager-, Pump- oder Unterkunftplattformen und bis zu einer halben Milliarde Dollar für Bohr- und Erkundungsplattformen. Die Lieferzeiten für neue Plattformen liegen bei mindestens zwei Jahren. Schon vor „Katarina“ und „Rita“ hatte der Fachdienst „ODS Petrodata“ vor einem Plattform-Mangel im Golf von Mexico gewarnt, da die Ölnachfrage aus der Region wegen der unsicheren Lage im mittleren Osten explodierte. Bereits im „Golf of Mexico Rig Report“ vom April diesen Jahres rechnete ODS Petrodata vor, dass spätestens ab Januar 2006 die Nachfrage nach Bohr- und Förderkapazitäten das Angebot übertreffen werde. Durch die Sturmschäden wird diese Kluft jetzt wesentlich weiter. Außerdem steigen die Preise für die verfügbaren Plattformen. Sie gehören überwiegend nicht direkt den großen Ölfirmen, sondern werden von Anbietern, so genannten Drilling Contractors, vermietet. Die Plattformbranche nimmt die Situation daher sehr ernst: Die eigentlich bis gestern laufende Konferenz zum 65. Jubiläum der „International Association of Drilling Contractors“ wurde wegen „Rita“ abgesagt. STEFFEN GRIMBERG