KOMMENTAR: KAI VON APPEN ÜBER SOZIALHILFE- NACHZAHLUNGEN : Der Aufschrei bleibt aus
Wenn eine Landesregierung auf die Idee käme, ihren Staatsbediensteten einen Teil ihres Gehalts in Wertgutscheinen für Verpflegung auszuzahlen, gäbe es einen Aufschrei. Wären diese nur bei einer bestimmten Firma – wie in dem Fall der Göttinger Kubanerin bei der Firma Sodexo – einzulösen und nur bis Ende des Jahres gültig, gäbe es einen Aufstand. Genau so geht Niedersachsen mit seinen Asylbewerbern um, aber der Aufschrei bleibt aus.
Das System der Wertgutscheine mag in gewissen Konstellationen für Behörden plausibel erscheinen, für die Sozialhilfeempfänger ist es aber diskriminierend, da sie unter dem Generalverdacht stehen, Staatsknete zu verprassen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil im Juli deutlich gemacht, dass auch Flüchtlinge in Deutschland ein Recht auf existenzsichernde Sozialleistungen haben und die staatlichen Institutionen zu Nachzahlung verdonnert. Viele Bundesländer kommen dieser Direktive nach und zahlen die nunmehr „rechtswidrig“ einbehaltenen Leistungen in bar nach.
Wenn Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) mal wieder ausschert und die Nachzahlung in Form von Gutscheinen vornehmen lässt – wohl in der Hoffnung, dass nicht alle eingelöst werden – ist das ein erneutes Indiz dafür, wie menschenverachtend die Ausländerpolitik Schünemann’scher Prägung ist.
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