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Archiv-Artikel

Gegen das feministische Burn-out-Syndrom

FUNDRAISING Neue Abos für das „Missy Magazine“! Dafür spielen Künstlerinnen heute ein Soli-Konzert

Was für ein Schreck, als das Missy Magazine zur Support-Party lädt! Sollte auch dieses Zeitschriften-Projekt von der Zeitungskrise bedroht sein, das alle drei Monate aufs Neue den Alltag aus der Perspektive eines subjektivistischen, undogmatischen Feminismus – angereichert mit viel Pop – beleuchtet?

„Ganz so schlimm ist es nicht“, erzählt Stefanie Lohaus, Redakteurin und eine von vier Missy-Herausgeberinnen. „Seit der Gründung ist es kontinuierlich bergauf gegangen. Auch die Abozahlen steigen, allerdings zu langsam. Wir haben gemerkt, dass wir dem feministischen Burn-out zum Opfer fallen, wenn wir auf diesem prekären Niveau weitermachen.“ Im Oktober 2008 erschien das Missy Magazine zum ersten Mal – pünktlich zur Finanzkrise, die auch dem Zeitschriftenmarkt einen Einbruch bei den Anzeigeneinnahmen bescherte. Doch bezahlte Werbung soll sowieso nicht das Standbein von Missy werden.

Kaum bezahlte Werbung

„Obwohl auch andere Printmedien zu kämpfen haben, unterscheidet uns von ihnen, dass wir in keine der Schubladen passen, mit denen der Anzeigenmarkt arbeitet. Musikmagazine bedienen eine männliche Zielgruppe, da wird Bier- und Autowerbung geschaltet. Wir dagegen haben eine weibliche Zielgruppe, da werden Kosmetik- und Diätprodukte lanciert – und die passen bei uns eben so gar nicht rein“, so Lohaus. Auch wenn dieser Blick auf die Werbebranche arg dualistisch klingt, ergibt es – strategisch gesehen – Sinn, dass die Macherinnen statt auf Autowerbung darauf setzen, alle jenen, die das Magazin sympathisch finden und nur gelegentlich kaufen, zu vermitteln, dass „Missy nicht nach kapitalistischer Logik funktioniert. Wenn ihr wollt, dass es uns gibt, unterstützt uns, indem ihr uns abonniert.“

Im Moment haben sie 3.000 Abonnentinnen, doppelt so viele wären wünschenswert, 1.000 neue Abos aber auch ein großer Schritt in eine sichere Zukunft. Ein Großteil der Leserinnen ist zwischen 20 und 30 – „vielleicht wegen des Popschwerpunkts, vielleicht, weil für diese Generation der Begriff Feminismus nicht so verbrannt ist wie für viele der heute 40-Jährigen. Das ist zumindest mein subjektiver Eindruck“, sagt Lohaus.

Thematisch ist das Magazin breit aufgestellt und durchaus für eine größere, auch ältere Leserschaft interessant: Unter Rubriken von „Politik“ über „Untenrum“ bis zu „Edutainment“ wird das leidige Thema Körperbehaarung ebenso behandelt wie eine neue Comedians-Generation. Auch Reportagen finden inzwischen Platz: Über eine Stringerin im Gazastreifen zum Beispiel, deren Job es ist, ausländische Journalisten mit Kontakten zu Einheimischen zu versorgen.

Auch abseits der Szene

Lohaus blickt zurück: „Wir können für Reportagen keine tollen Honorare zahlen. Mittlerweile fällt auch mal was für uns ab, wenn eine Autorin auf Recherchereise geht, weil wir inzwischen einen Namen haben.“

Über ihren wachsenden Bekanntheitsgrad – und nicht, indem sie sich dem Markt anpassen – wollen die Macherinnen neue Leserinnen gewinnen. Deswegen ist die Redaktion gerade quer durch die Republik getourt, um die Zielgruppe da zu besuchen, wo nicht „so viel Szene und Popfeminismus ist wie in Hamburg oder Berlin“. Wünschenswert wäre, dass sie verstärkt auch denen, die solch identitätsstiftenden Szenen entwachsen sind, zeigen, dass Missy in seiner Vielstimmigkeit mehr als den besagten „verbrannten Feminismusbegriff“ anbietet. Schließlich ist Pop nicht nur für die unter 30-Jährigen da.

Das nächste Heft wird sich übrigens dem Thema Selbstausbeutung widmen. Bleibt zu hoffen, dass die Missy-Macherinnen nicht den befürchteten Burn-out erleiden. STEPHANIE GRIMM

■ „Missy Magazine“-Soli-Konzert mit Peaches & Jolly Goods, DJanes, heute, Festsaal Kreuzberg, Berlin