Ostwestfälin schlägt Bayern

Nachdem NRW-Spitzenkandidat Oskar Lafontaine bereits zum Fraktionschef der Linkspartei gewählt worden war, gewinnt die Herforderin Inge Höger-Neuling Kampfabstimmung um Vizeposten

VON MARTIN TEIGELER

Die nordrhein-westfälische Wahlalternative ist die Gewinnerin bei den Vorstandswahlen der Linkspartei-Bundestagsfraktion. Nachdem WASG-Spitzenkandidat Oskar Lafontaine bereits kurz nach der Bundestagswahl am 18. September zum Fraktionschef der Linkspartei.PDS gewählt worden war, gewann die Herforderin Inge Höge-Neuling (siehe Porträt) am Wochenende eine Kampfabstimmung um den Stellvertreterposten. Die Frau aus Ostwestfalen setzte sich mit 27 zu 24 Stimmen gegen den bayerischen Bundeschef der Wahlalternative, Klaus Ernst, durch. „Das ist ein großer Erfolg für den Landesverband NRW“, so WASG-Landessprecher Wolfgang Zimmermann zur taz. Höger-Neuling sei eine „sehr kompetente“ Politikerin. Ihre Wahl in die Führung der Bundestagsfraktion sei „ein Zeichen der Stärke“ für die WASG-NRW.

Vor der Abstimmung in Berlin hatte die WASG im größten Bundesland Druck auf die Führung der Linkspartei.PDS ausgeübt, um ihre Kandidatin durchzusetzen. Mit einem „Appell“ an die neu gewählte Bundestagsfraktion der Linkspartei war der NRW-Landesverband der Wahlalternative seiner Abgeordneten beigesprungen. „Nach Gysi und Lafontaine an der Fraktionsspitze müssen jetzt die beiden Stellvertreterpositionen von Frauen besetzt werden – bleiben Linkspartei und WASG ihrer Programmatik treu“, hieß es in dem am vergangenen Donnerstag veröffentlichten Aufruf. Zudem müssten, nach Auffassung der WASG-NRW, dem „weitaus stärksten Landesverband innerhalb der WASG“, die Positionen der Stellvertreter/innen paritätisch von Bundestagsabgeordneten beider Parteien (Linkspartei und WASG) besetzt werden.

Dazu kam es dann am Wochenende auch. Auf dem WASG-Ticket wurde Höger-Neuling in die Funktion einer „ständigen Stellvertreterin“ der Fraktionsvorsitzenden gewählt. Linkspartei-Wahlkampfleiter Bodo Ramelow ist fortan auf PDS-Seite „ständiger Stellvertreter“ der männlichen Doppelspitze. Nach taz-Informationen bekam Höger-Neuling, die seit einigen Wochen auch Mitglied der Linkspartei.PDS ist, zudem Unterstützung von anderen WASG-Landesverbänden und zahlreichen Frauen in der Linkspartei. Nachdem fast alle wichtige Posten im neuen Linksbündnis an Männer (Gysi, Lafontaine, Bisky, Ramelow, Maurer) gegangen waren, sei es Zeit für mehr Frauen in linken Spitzenämtern gewesen, heißt es aus der Partei.

Für die Wahlalternative-NRW dient die knappe Personalentscheidung auch als Fingerzeig für die eigene Wichtigkeit. Nachdem im Wahlkampf zentrale inhaltliche (etwa beim Streitthema Mindestlohn) und organisatorische (beispielsweise die Werbekampagne) Fragen im Berliner Karl-Liebknecht-Haus – der Parteizentrale der PDS – entschieden worden waren, könnte sich das Schwergewicht des Linksbündnisses nun wieder Richtung Wahlalternative verschieben, so das Kalkül einiger WASG-Aktivisten. Bei den anstehenden Verhandlungen über eine Fusion von PDS und WASG wollen die Wahlalternativen selbstbewusst auftreten. NRW-Sprecher Zimmermann: „Wir sind mit 3.000 Mitgliedern ja auch der größte Landesverband der WASG.“

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