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Archiv-Artikel

Die volle Ladung

Hafenmanager wollen im Express-Tempo mit der erneuten Vertiefung der Elbe beginnen. Diese sei machbar und ökologisch vertretbar, Umweltschützer sehen das vollkommen anders. Aufsichtsrat der Port Authority tagt heute erstmals im Rathaus

Von Sven-Michael Veit

Der geplanten erneuten Ausbaggerung der Elbe steht nach Ansicht der Hamburg Port Authority (HPA) nichts im Wege. Die ersten Voruntersuchungen hätten ergeben, dass die Elbvertiefung aus hydrologischer Sicht „machbar, hochwasserneutral und ökologisch vertretbar“ sei, berichtete Jörg Oellerich von der HPA am Wochenende. Bis Ende 2009 will die neu gegründete öffentliche Anstalt für Hafenmanagement (siehe Kasten) den Fluss um einen auf 14,50 Meter vertiefen.

Die Maßnahme kostet nach vorsichtigen Berechnungen rund 320 Millionen Euro, von denen der Stadtstaat ein und der Bund drei Viertel tragen müssten. Dem ob knapper Kassen zögerlichen Bundesverkehrsministerium hatte Hamburg im März angeboten, 15 Millionen Euro vorzuschießen, weil „der Druck internationaler Reedereien“, so Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU), ein „deutlich rascheres Vorgehen“ erzwinge. Daraufhin stellte der Bund eine erste Rate von 20 Millionen Euro bereit, damit Hamburg schon im kommenden Jahr „geringfügige Baggerungen für erste Tiefgangsverbesserungen“, so Uldall, vorziehen könne.

Der Antrag für das ordentliche Planfeststellungsverfahren soll noch im ersten Halbjahr 2006 gestellt werden, bestätigt nun Oellerich, Ende 2007 könnten die eigentlichen Baggerarbeiten beginnen. Gegenwärtig laufen mehrere begleitende Untersuchungen zu den Auswirkungen der Maßnahme auf Natur, Umwelt, Hochwasserschutz und Deichsicherheit.

Um diese fürchtet der Hamburger Naturschutzbund (NABU). Ohne rechtmäßige Entscheidung über die Zulässigkeit des Baggerns und eventuelle Ersatzmaßnahmen gebe es keine Veranlassung für einen vorgezogenen Baubeginn. Jedoch würden „die planungsrechtlichen Vorgaben immer weniger ernst genommen“, beklagt NABU-Vorsitzender Rolf Bonkwald, „wenn es sich um politisch gewollte Großprojekte handelt“. Es gebe begründete Zweifel daran, dass die Elbvertiefung ohne Auswirkungen auf das Ökosystem und die Deichsicherheit bleibe.

Die bereits erfolgten Ausbaggerungen und die dadurch erhöhte Strömung hatten im Juli der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Verein „Rettet die Elbe“ für den dramatisch abgesunkenen Sauerstoffhaushalt im Fluss verantwortlich gemacht. Nachdem vereinzelt Fische gestorben waren, räumte auch die Umweltbehörde „eine kritische Lage“ ein, ohne einen Zusammenhang mit den Ausbaggerungen zu sehen. Der grüne Umweltpolitiker Christian Maaß warnte dennoch ebenso wie der BUND, weitere Eingriffe hätten „gravierende ökologische Probleme“ zur Folge.

Die tiefere Elbe ist nach Ansicht von Senat und Hafenwirtschaft notwendig, damit auch die Containerriesen der nächsten Generation den Hafen anlaufen können. Gegenwärtig sind weltweit rund 80 Schiffe mit einer Tragfähigkeit von bis zu 9.000 Standardcontainern (TEU) im Bau, die Hamburg nur bei Hochwasser anlaufen könnten. Das erste dieser Art, die 335 Meter lange „Colombo Express“, war am 29. April erstmals in der Hansestadt – mit halber Ladung.