: Die Regierung in Kiew macht einen Schritt auf die Nato zu
VERTRAG Polen, Litauen und die Ukraine planen eine gemeinsame Brigade für internationale Missionen
WARSCHAU taz | Demnächst sollen auch ukrainische Soldaten an Mission der Nato und der EU teilnehmen. Die Nato-Mitglieder Polen und Litauen wollen mit der Ukraine eine gemeinsame Brigade mit 4.500 Soldaten gründen. Der Sitz des Kommandos ist im südpolnischen Lublin geplant, nahe der Grenze zur Ukraine. Am Montag unterzeichneten die drei Verteidigungsminister in Brüssel einen ersten Vertrag. Die Initiative zur trilateralen Brigade geht auf Polen zurück. Ziel ist die stärkere Anbindung der Ukraine an das westliche Verteidigungsbündnis.
„Die Idee einer polnisch-litauisch-ukrainischen Brigade gefällt allen Nato-Mitgliedern“, ist Polens Vizeverteidigungsminister Stanisław Komorowski überzeugt. „Selbst diejenigen, die gegen einen schnellen Nato-Beitritt der Ukraine sind, können gegen gemeinsame Friedenseinsätze kaum etwas vorbringen.“ Moskau, das bislang gegen jede weitere Nato-Ausdehnung nach Osten protestierte, reagierte zunächst nicht auf den Vorstoß.
In der Ukraine ist Umfragen zufolge die Mehrheit der Bevölkerung gegen einen Nato-Beitritt. Rund 60 Prozent sieht dadurch die Sicherheit der Ukraine „ernsthaft bedroht“. Wesentlich positiver wird ein möglicher Beitritt zur EU gesehen.
Die ukrainischen Präsidentschaftswahlen im Januar könnten den drei Verteidigungsministern allerdings einen Strich durch die Rechnung machen. Sollte nicht die derzeitige Premierministerin Julia Timoschenko die Wahlen gewinnen, sondern der russlandfreundliche Wiktor Janukowitsch, dürfte das Projekt wohl auf die lange Bank geschoben werden. Polnische Diplomaten sind allerdings überzeugt, dass allein schon die Idee der gemeinsamen Brigade die Ukrainer dazu bringen werde, sich vor den Wahlen noch einmal langfristige Gedanken zur Zukunft ihres Landes zu machen. Die Brigade sei kein Vorgriff auf eine künftige Nato-Mitgliedschaft, aber sie führe die Ukraine näher an den Westen heran.
GABRIELE LESSER