AUF DER AUTOBAHN : Bier und Lampen
Wir kommen aus Kopenhagen. In Kopenhagen gibt es nämlich nicht nur gute Freunde, die Björn oder Tilde heißen, sondern auch teure Lampen. Dass es dort teure Lampen gibt, war mir schon vorher bewusst. Nicht bewusst war mir, dass unser Fahrer vorhatte, einige dieser teuren Lampen, die sich in jeder Bibliothek oder Schulmensa finden lassen, mit nach Berlin zu nehmen. Teure Lampen mit nach Berlin zu nehmen ist an sich nichts Unnormales, es sei denn, man nimmt sie des Nachts aus geschlossenen Bibliotheken und zugesperrten Schulmensen mit.
Ich hatte mir jede Menge dänisches Bier gekauft, um mir mein Unbehagen nicht anmerken zu lassen. Wie die meisten wissen, führt viel Bier zu Harndrang. Unser Fahrer hält an einer dieser Autobahnklos, die dafür bekannt sind, dass sich außer privaten Sextreffen und onanierenden Lkw-Fahrern nicht viel abspielt. Da unser Wagen aufgrund dutzender Lampen verdächtig tief liegt, sind wichsende Lkw-Fahrer und Lüstlinge die einzigen Menschen, die wir zu treffen bereit wären. Kaum zum Stehen gekommen, strahlt uns das helle Licht eines Transporters an. Drei Bundeswehrsoldaten laufen auf uns zu, und ich überlege, wie viele Zimmer meine Wohnung haben müsste, damit all die Lampen als Eigenbedarf durchgehen. Unser Fahrer sucht fluchend nach dem Diplomatenausweis seiner Eltern, der auch ihm Immunität verleiht.
Ein Soldat klopft an die Scheibe. Während der Fahrer flucht und sucht, kurbele ich das hintere Fenster runter und versuche, betrunken zu wirken. Ein zweiter Soldat grinst. Dann holt er einen Benzinkanister hervor und eröffnet uns, dass die Truppe sich nachts aus der Kaserne geschlichen habe und nun der Tank leer sei. Komisch, denke ich bei mir und betrachte die leeren Bierflaschen um den Transporter herum, Kekswichsen macht doch auch in der Kaserne Spaß?
JURI STERNBURG