piwik no script img

Hakenkreuze auf Badehöschen

Haus Bismarck Die Familie beantwortet zu ihrer Rolle in der NS-Zeit keine Fragen. Dabei traten zwei Mitglieder schon 1933 in die NSDAP ein

Die Jahre zwischen 1933 und 1945 fehlen in der Familienchronik der Bismarcks

Die Chronik der Familie von Bismarck liest sich beeindruckend. Schon 1270 wurde Vorfahr Herbordus de Bismarck urkundlich erwähnt, im Ersten Schlesischen Krieg bewies August Friedrich von Bismarck derartigen Mut, dass ihm Friedrich der Große einen Verdienstorden verlieh und dann war da auch noch Reichskanzler Otto. Nachzulesen ist das detailliert in der Familienchronik der von Bismarcks auf ihrer Internetseite. Nur eins fehlt: die Jahre zwischen 1933 und 1945.

Da sind Gregor von Bismarck, dessen minimalistische Unterschrift die Chronik ziert, wohl die Worte ausgegangen. Dabei gäbe es doch einiges zu berichten. Da wäre zum Beispiel sein Großvater Otto Christian Archibald Fürst von Bismarck, der bereits im Mai 1933 in die NSDAP eintrat und in eben jenem Sommer in einem britischen Badeort einen kleinen Skandal ausgelöst haben soll, als seine Frau die sechs gemeinsamen Kinder mit hakenkreuzbestickten Badehosen ins Wasser geschickt haben soll. So schrieb zumindest Der Spiegel in einem Nachruf zum Tode Ottos 1976.

Für die Nazis arbeitete Bismarck zeitweise als Diplomat. Nach dem Krieg kam er bei der CDU unter. Für den Wahlkreis Herzogtum Lauenburg saß der Enkel Otto von Bismarcks von 1953 bis 1965 im Bundestag. Nach seinem Ausscheiden bekam er sogar das Große Bundesverdienstkreuz. Aber ob er nach Kriegsende einsichtig war?

Im Dezember 1960 nahmen Polizisten den letzten Lagerkommandanten des Vernichtungslagers in Auschwitz auf dem Familienbesitz der von Bismarcks fest. Richard Baer hatte unter falschem Namen in einem Sägewerk im Sachsenwald gearbeitet. Sein Arbeitgeber Otto Fürst von Bismarck äußerte sich dazu nie.

Auch Ottos Bruder Gottfried war von der nationalsozialistischen Ideologie so überzeugt, dass er in die NSDAP eintrat. Er mauserte sich sogar zum SS-Brigadeführer. Doch die Nationalsozialisten verdächtigten ihn, am Attentat auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt gewesen zu sein und sperrten ihn in ein Konzentrationslager. Er überlebte, starb aber 1949 bei einem Autounfall.

Gregor von Bismarck, der Hüter des Familienarchivs, äußerte sich auf Anfrage der taz nicht zu diesem Teil der Familiengeschichte. Auch ob seine Familie je die privaten Archive unabhängigen Historikern geöffnet habe, wollte er nicht sagen.

Dabei war der Name Bismarck für die Nazis nicht ganz unwichtig. Gregors Ururgroßvater, der ehemalige Reichskanzler Otto von Bismarck, war nach seiner Entlassung durch Kaiser Wilhelm II. zur nationalen Identifikationsfigur geworden. Besonders in ihrer Anfangszeit nahm die NSDAP häufig Bezug auf ihn, um den eigenen Machtanspruch zu legitimieren.

Heute gelten die Bismarcks als heillos zerstritten. Gregors Bruder Carl-Eduard verirrte sich kurz für die CDU in die Bundespolitik, legte sein Mandat aber nieder, nachdem er als „faulster Abgeordneter“ Deutschlands geoutet worden war. Vor drei Jahren pöbelte er in einem Interview mit der Bild gegen seine Familie – seine Mutter habe gegenüber seiner damaligen, jüdischen Frau gesagt: „Hitler hätte damals all euch Juden den Garaus machen sollen.“

Die Familie dementierte und äußerte ihrerseits Zweifel an Carl-Eduards Zurechnungsfähigkeit. Andrea Scharpen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen