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Archiv-Artikel

„Eine neue Runde des verrückten Spiels“

Markus Straub von der „Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger“ warnt vor leichtfertigem Kauf von Solaraktien

taz: Herr Straub, die Kursentwicklungen der Solarfirmen sind zum Teil gigantisch. Alles schon mal da gewesen am Neuen Markt vor fünf Jahren?

Markus Straub: Nein, so ganz wie 2000 mit den Internet- ist das mit den Solarfirmen derzeit nicht. Da hatten wir zum Teil Fantasiefirmen, im Solarmarkt agieren jedoch gestandene Unternehmen mit bewährten Geschäftsmodellen, soliden Umsätzen und Gewinnen.

Ein Einstieg ist für Anleger also noch sinnvoll?

Vorsicht! So generell kann man das auf keinen Fall sagen. In den Kursen vieler namhafter Solarfirmen ist schon viel Zukunftsmusik eingepreist. Da ist mitunter die Luft nach oben schon ziemlich dünn. Die Branche ist also nur etwas für Anleger, die sich genau über die betreffenden Unternehmen informieren. Man sollte täglich am Ball bleiben, schauen, ob die Firmen ihre Erwartungen bestätigen. Sonst muss man die Reißleine ziehen. Doch wer Zeit und Energie hat, sich intensiv mit Unternehmen auseinander zu setzen, kann auch derzeit noch in die Solarbranche einsteigen.

Nehmen wir den größten Player: Solarworld. Würden Sie die Aktie zum aktuellen Kurs noch kaufen?

Nein. Das Papier hat eine Performance von mehr als 2.000 Prozent gemacht. Aktuell sehe ich da nicht mehr viel Potenzial.

Lieber Gewinne bei Neuemissionen mitnehmen?

Auch Neuemissionen sind nicht frei von Risiko. Boombranchen ziehen bekanntlich Betrüger an wie Motten das Licht. Wir haben fünf bis sechs Solarfirmen in den Startlöchern und weitere zehn in Vorbereitung. Ohne Namen zu nennen: Da sind auch schwarze Schafe drunter.

Aber so die Firma solide ist, kann es sich noch lohnen?

Wir sind noch am Anfang der neuen Runde des verrückten Spiels. Im Moment sind überwiegend die institutionellen Anleger zugange, die privaten kommen erst noch. Das ist erfahrungsgemäß eine Phase, während der noch Zeichnungsgewinne möglich sind. Unternehmen wie Ersol und Q-Cells, solide im Markt etabliert, bieten daher Potenzial. Allerdings sind Erträge, wie sie Solarworld gebracht hat, in der Solarbranche bei Neuemissionen heute nicht mehr möglich; die Firmen starten bereits auf einem ganz anderen Preisniveau.

 INTERVIEW: BERNWARD JANZING