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KUNST

KunstBeate Schederschaut sich in Berlins Galerien um

Verformte Füße, offene Wunden, verbrannte Haut. Empfindlichen Gemütern kann sie durchaus auf den Magen schlagen, die dokumentarische Foto-Text-Installation „The Health and Safety Game“ von Fred Lonidier bei Silberkuppe. In den 1970er Jahren sammelte der Fotokünstler, Marxist und Gewerkschafter über 20 Fälle berufsbedingter Verletzungen und Erkrankungen. Die Fotos könnten aus einem medizinischen Handbuch stammen, bar jeder Beschönigung, ihre Aufbereitung mit dokumentarischen Texten, Interviews und Stellungnahmen der Konzerne in Managementsprech ist sperrig. Man braucht Zeit sich darauf einzulassen, auf die Hin- und Herverweise, die unbequemen Fakten und Kommentare, liest sich dann aber schnell darin fest. An Brisanz verloren haben sie in 40 Jahren kein bisschen. Es ist die bekannteste Arbeit Lonidiers, der mit dieser auch die Konventionen seines Mediums herausforderte, verknüpfte er doch in ihr konzeptuelle Fotografie mit Dokumentation und linkem Aktivismus (bis 31. 1., Mi.–Sa. 13–18 Uhr, Keithstr. 12).

Fotografie ist auch Teil von James Hoffs Arbeiten. Hoff blickt jedoch auf Landschaften und zwar mit den Augen eines Digital Natives. Gold glänzen seine „Useless Landscapes“, die in seiner nach einem 80er-Jahre-Buch über Computerhacker benannten Ausstellung bei Supportico Lopez an den Wänden hängen. Er hat sie mit einem Kupferätzverfahren nach Handyfotos erstellt, eine Technik, die seit den 1940ern für die Produktion elektrischer Leiterplatten gebraucht wird, nur dass die Kupferschicht im Falle seiner Bilder keinerlei Funktion erfüllt. Nutzlos nennt er die Landschaften aber auch aus anderem Grund, allesamt zeigen sie Mobilfunklöcher. Und was nutzt schon die Landschaft ohne Anschluss? Besser dann doch der Yosemite Park, nach dem wurde immerhin ein Betriebssystem von Apple benannt. Bei Hoff zieren Stockfotos von diesem Computertastaturen, Bilder wie man sie längst eher mit Bildschirmschonern als mit dem tatsächlichen Nationalpark verbindet. Ausgespart sind jeweils ein paar Buchstaben, aus denen sich Phrasen bilden lassen, „Snorting Data“ und „Euphoria Headache“ etwa. Ob das eine aus dem anderen folgt? (bis 22. 12., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Kurfürstenstr. 14B).

Euphorie, vorerst ohne Kopfschmerz, ist auf jeden Fall für Samstag zu erwarten. Dann erfahren Martin John Callanan, Stine Marie Jacobsen, Lindsay Lawson, Lotte Meret, Regina de Miguel, Benedikt Partenheimer, Aurora Sander, Raul Walch, Lauryn Youden wer von ihnen mit dem Berlin Art Prize ausgezeichnet wird. An drei von ihnen geht die Trophäe – gestaltet von Tomás Saraceno (10. 12., Luckenwalder Str. 3, 20.30 Uhr).

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