Kommissionsbericht zeigt Ausmass des Verbrechens in Srebrenica
: Tausende Mittäter

Offensichtlich war schon immer, dass bei einem Massenmord von einem Ausmaß wie in Srebrenica auch tausende Menschen gebraucht wurden, um die Tat zu begehen. Dass nun aber eine Regierungskommission der serbischen Teilrepublik mehr als 17.000 Namen von Beteiligten nennt, ist dennoch beklemmend. Denn die Zahl verweist auf die Dimension der Täterschaft: Da sind die, die befohlen und geschossen haben, jene, die Leichen transportierten oder nur die Fesseln für die Gefangenen organisierten, Baggerfahrer, die Massengräber ausgehoben haben, und schließlich Menschen, die die Leichen transportierten.

Wenn so viele Menschen beteiligt waren, haben auch die Familien, Freunde und Bekannte davon gewusst. Und das Ausmaß der Verbrechen bei den Massenmorden drei Jahre vor Srebrenica während der serbischen Offensive 1992 war noch größer, waren also noch mehr Menschen involviert.

Das schlechte Gewissen kann sich unterschiedlich ausdrücken: durch Verleugnung und Verdrängung, durch Flucht in den Alkohol oder durch das Schüren weiteren ethnischen Hasses. Auch die Äußerung des früheren Serbenführers Radovan Karadžić, der heute als Kriegsverbrecher gesucht wird, wonach die Serben nicht mehr mit den anderen Volksgruppen zusammenleben könnten, steht in diesem Kontext. Das schlechte Gewissen und die massenhafte Teilnahme erklären zudem, warum der Großteil der Bevölkerung an dem serbischen Teilstaat in Bosnien und Herzegowina festhalten und alle Reformen im gemeinsamen Staat verhindern will.

Dass die serbische Führung eine solchen Bericht erstellen ließ, ist ein positives Zeichen. Es ist angesichts der Umstände sogar mutig, auch wenn damit letztlich nur der gefährdete Bestand der Entität Republika Srpska gerettet werden soll. Doch statt ein solches künstliches Gebilde erhalten zu wollen, sollte nun ernsthaft über die Vergangenheit diskutiert werden, um eine gemeinsame Zukunft für Serben, Muslime, Kroaten und andere Minoritäten in dem gemeinsamen Staat Bosnien und Herzegowina zu eröffnen. ERICH RATHFELDER