: NRW-Städte feiern Erntedank
Kommunen nehmen wieder mehr Gewerbesteuern ein. Landesfinanzministerium und Städtetag erwarten größeres Steueraufkommen als erwartet. NRW-Gemeinden: Wir sind aber nicht reich
VON MARTIN TEIGELER
Die nordrhein-westfälischen Kommunen fahren die Ernte ein: Nach Jahren der finanziellen Enthaltsamkeit zeichnet sich ein weiterer Anstieg der Gewerbesteuereinnahmen ab. „Der Trend geht wohl nach oben“, sagte gestern eine Sprecherin des NRW-Finanzministeriums. Ein Indiz für die positive Tendenz sind zweistellige Wachstumsraten (16,6 Prozent) bei der Gewerbesteuerumlage. Dies geht aus der jüngsten Steuerstatistik hervor.
Im Aufwärtstrend der westlichen Bundesländer sieht auch der Städtetag die NRW-Kommunen. „Man muss allerdings das dritte Quartalsergebnis abwarten, ob es dabei bleibt“, so ein Sprecher. Bereits 2004 hatten die Kommunen eine verbesserte Kassenlage dank Gewerbesteuer vermeldet. Das Aufkommen nahm in NRW um 1,4 Milliarden auf 5,7 Milliarden Euro zu. Das war ein Drittel mehr als 2003.
Die Gewerbesteuer ist die wichtigste Einnahmequelle der Städte. Knapp jeder dritte Euro in den Kassen der Kommunen ist dieser Steuer zu verdanken. Sie wird von Gewerbetreibenden entrichtet. Diverse Reformen hatten das Steueraufkommen seit Ende der 90er Jahre geschmälert. Erst seit 2004 steigt das Aufkommen wieder, nachdem in einer Steuerreform Ausnahmetatbestände und Schlupflöcher abgeschafft wurden.
„Wir schätzen, dass wir ungefähr 30 bis 40 Millionen Euro über den erwarteten Gewerbesteuereinnahmen liegen“, so ein Sprecher der Stadt Köln. In anderen Kommunen ist der Zuwachs nicht ganz so eindeutig. 2004 habe man 87,9 Millionen Euro durch die Gewerbesteuer eingenommen, 2005 erwarte man ein Steueraufkommen zwischen 85 und 90 Millionen, sagt Martin Schulmann von der Stadt Gelsenkirchen. „Selbst wenn der Trend nach oben geht, heißt das aber nicht, dass wir plötzlich reich sind“, so Schulmann.
Vor allem angesichts des aktuellen Streits um die Kosten bei der Arbeitsmarktreform Hartz IV fürchten die Kämmerer neue Millionenlöcher (taz berichtete). Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) hatte angekündigt, den Zuschuss an die Kommunen für Unterkunft und Heizung von Langzeitarbeitslosen in Höhe von 29,1 Prozent für das laufende und das kommende Jahr zu streichen. Besonders umstritten sind mögliche Rückforderungen für bereits gezahlte Leistungen in Höhe von drei Milliarden Euro.
Der Gemeindebund droht jetzt laut Zeitungsberichten mit einem Ausstieg der Kommunen aus den Arbeitsgemeinschaften zur Betreuung der Langzeitarbeitslosen. Für diesen Fall „können wie die Zusammenarbeit bei der Durchsetzung der Hartz-IV-Reformen nicht mehr sicherstellen“, sagte Verbandspräsident Roland Schäfer. Der SPD-Bürgermeister von Bergkamen warf Clement vor, die Öffentlichkeit zu täuschen: „Wir sehen in unseren Berechnungen einen Anstieg der Unterbringungskosten und damit das Gegenteil von dem, was Clement behauptet.“