LeserInnenbriefe
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Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Wo ist der Aufschrei?

betr.: „Türkei. Wer Minderjährige vergewaltigt, bleibt straffrei“, taz vom 21. 11. 16

Seit fast einer Woche bekannt: Erdoğan plant im Parlament das türkische Strafgesetzbuch dahingehend zu ändern, dass sexuelle Misshandlung Minderjähriger (Çocuğa Cinsel Istismar) unter bestimmten Umstanden straffrei bleiben soll: Sex von erwachsenen Männern mit weiblichen Minderjährigen soll nach Verehelichung (standesamtlich ab 17 möglich, davor vor dem Imam ) straffrei bleiben.

Wo ist hier ein Aufschrei unserer Medien und der Politiker dagegen, bevor es dazu kommt? HELMUT W. MACIEJ, München

Wohin die Reise geht

betr.: „Abschiebehoch und Kontrollpläne“, taz vom 19. 11. 16

Es ist interessant, wo die Reise hingehen soll im Umgang mit Flüchtlingen!

Afghanistan als ein sicheres Herkunftsland einzustufen ist paradox, dann bräuchte man dort auch keinen weiteren Bundeswehreinsatz! Die Frage, wer ein Wirtschaftsflüchtling ist, ist zu hinterfragen! Für mich sind Wirtschaftsflüchtling die, die ihren Wohnsitz ändern, um die Steuer am Fiskus vorbeizuschieben, und nicht die Menschen, die in Hunger und Elend leben und daher versuchen, in ein anderes Land zu kommen!

RENÉ OSSELMANN, Wuppertal

Ross und Reiter benennen

betr.: „Klimaschutz nur im Labor“, taz vom 18. 11. 16

Luca Spinelli folgt dem üblichen Mainstream der Presseberichte über den Abgasskandal. Gerade hinsichtlich der Ergebnisse von Paris und Marrakesch sollte die taz jedoch ruhig Ross und Reiter benennen:

Laut einer Studie von socialdata werden 45 Prozent der täglichen Mobilität in Autos zurückgelegt. 23 Stunden am Tag verstopft das Auto den öffentlichen Raum als Stehzeug. In rund 24 Prozent der Fahrten sitzt nur eine Person im Auto, in 21 Prozent zusätzlich ein oder mehrere Mitfahrer. 61 Prozent der Fahrten haben eine Entfernung von lediglich 500 Metern bis 5 Kilometern. Da drängen sich unweigerlich Ideen auf, wie man diese Entfernungen zukunftsorientierter bewältigen kann. Und wenn es unbedingt mit dem Auto sein muss, tut es nicht auch ein Kleinwagen? Die SUV gehören zu den meistgekauften Autos im letzten Jahr. Obwohl wir alle über den „Abgasskandal“ informiert sind, werden sie mit Begeisterung gekauft.

Dieses auf dem gesellschaftlichen Dogma der individuellen Freiheit des Einzelnen beruhende, die Umwelt und die Mitmenschen schädigende Verbraucherverhalten kann man nicht losgelöst von den Abgasbetrügereien der Automobilindustrie und der Förderung und Vertuschung durch das Verkehrsministerium betrachten, sie bedingen einander. Sie sind auf jeden Fall nicht als Leidtragende zu betrachten. Denn: Auto fahren, und vor allem besitzen, ist alles andere als alternativlos.

Wenn wir von Leidenden sprechen, so sind dass zuerst einmal die Bewohner der Länder, die schon heute unter den verheerenden Folgen des von Menschen verursachten Klimawandels zu leiden haben. Wenn wir in Deutschland nach Leidtragenden Ausschau halten wollen, so bieten sich die 55 Prozent Verkehrsteilnehmer, die weitestgehend CO2-neutral zu Fuß, mit dem Rad, dem Rollstuhl, dem Rollator, dem Kinderwagen und dem ÖPNV unterwegs sind, von denen insbesondere die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft, die täglich dem Gift, dem Lärm und der Unfallgefahr ausgesetzt sind. CORNELIA ERNST, Bremen

Endlich Konsequenzen ziehen

betr.: „Klimaschutz nur im Labor“, taz vom 18. 11. 16

Die Erkenntnis ist nicht neu, dass die CO2-Messungen unzuverlässig sind. Aber statt darüber zu lamentieren, dass uns die Autoindustrie betrügt, sollten wir endlich Konsequenzen ziehen: Diese Messungen dürfen nicht mehr als Grundlage für die Berechnung der Kfz-Steuer verwendet werden! Stattdessen sollte der CO2-abhängige Anteil gestrichen und die Mineralölsteuer möglichst aufkommensneutral erhöht werden. Damit würden Vielfahrer entsprechend mehr für ihre CO2-Produktion zur Kasse gebeten, und ein Haufen Verwaltungsarbeit würde eingespart. Der Druck, die CO2-Messungen im gerade noch erlaubten Umfang zu manipulieren, würde entfallen. Nur noch die Klimaforscher brauchten entsprechende teure Messeinrichtungen.

Die tatsächliche CO2-Produktion eines Kfz korreliert gut mit dem Spritverbrauch – jedenfalls besser als mit manipulierten Messungen. BERND JUNGMANN, Marburg

Ich Kleinbürgerin, ich

betr.: „Sitten. Die feuchte Gefahr“, taz vom 19. 11. 16

Bei uns liegt seit einigen Wochen wieder regelmäßig die taz auf dem Frühstückstisch und sie gefällt mir zunehmend besser. Nur eines wüsste ich gerne: Was um alles in der Welt hat es mit dem ständigen Geschimpfe auf „Kleinbürger“ auf sich? Ich meine, wie dünkelhaft ist das denn?

Ich bin kleinbürgerlich aufgewachsen, und das auch noch im Reihenhaus. Schande über mich und Entschuldigung, liebe Geschmackspolizei. Immer wieder muss ich über meinesgleichen lesen, dass unser einziger Traum ein sauberer Vorgarten sei, oder schlimmeren, ähnlich gestrickten Mist. Ich weiß schon, wie sich der Begriff mitsamt seinen Konnotationen historisch gesehen entwickelt hat. Aber ist es nötig, ihn heute noch zu strapazieren?

ANDREA SCHREINER, Jockgrim