Kulturort „Außerhalb“ macht dicht: Ende einer Alternativrealität

Das „Außerhalb“ gedieh für vier Monate als ein unkommerzieller Ort für Musik, Kunst und Kultur. Jetzt ist Schluss – und eine Neuauflage ist nicht geplant.

Ein Mann malt ein Sonnengesicht auf eine Plane an einem Bauzaun.

Sie malten nur einen Sommer: die Betreiber des „Außerhalb“ Foto: Außerhalb

BREMEN taz | Nur einen Sommer lang existierte auf einer Wiese im Bremer Stadtteil Woltmershausen eine kleine Utopie. Anfang Juli stand nur eine aus Brettern gezimmerte Bühne zwischen den hohen Bäumen. Zwölf Wochen später hängen Mobiles, Traumfänger und Lichter in den Zweigen. Überall glitzert und schaukelt es. Plüschige Sofagarnituren und ein selbst gebautes Himmelbett stehen im Gras, neben der Bar sind Hängematten aufgespannt. Und zum Tanzen unter freiem Himmel ist auch noch Platz.

„Eine Alternativrealität in Bremen“, nennen die VeranstalterInnen das Projekt „Außerhalb“ auf ihrer Facebook-Seite. Im Laufe des Sommers fanden zahlreiche Konzerte, Kickerturniere und Workshops auf dem Gelände an der Senator-Apelt-Straße statt. Auch Kinderfeste, Brettspielabende oder Veranstaltungen mit Flüchtlingen gab es. Vor allem aber wurde elektronische Musik aufgelegt und getanzt. Denn die InitiatorInnen, eine Gruppe aus fünf bis zwölf jungen Menschen, kannten sich von Freiluftpartys, so Mitbegründer Felix Grasshoff.

Am Anfang hatten die VeranstalterInnen auf Facebook noch zur Mithilfe und zu Materialspenden aufgerufen. „Leute mit Ideen und Visionen“ und solche, „die anpacken können“, würden gesucht. So kamen Ideen und Materialien für den Veranstaltungsort über FreundInnen von FreundInnen dazu, das Gelände veränderte sich fortlaufend.

Ein Nachfolger für das „Unterhalb“

Nach dem Aus ihres privat organisierten Veranstaltungsorts, des „Unterhalb“, das im vergangenen April mit vielen Tränen geschlossen hatte, suchte die Gruppe nach einer neuen Fläche. Das Zwischennutzungsprojekt an der Hochstraße im Bahnhofsviertel war nur befristet. Zudem hatte es massive Beschwerden von zwei Mieterinnen in dem alten Gewerbegebäude gegeben.

Bands und DJs kamen aus Hamburg, Kiel, Hannover, Berlin und sogar aus Oslo

Anderthalb Monate hätten sie eine Fläche für Kunst, Musik und Selbstentfaltung gesucht, so Grasshoff. Mit Unterstützung durch den Bausenator und die Zwischen-Zeit-Zentrale kam spontan die Genehmigung fürs Areal auf dem Gelände des Vereins „Pusdorfer Meile“. Erst mal ist die Nutzung umsonst, es gibt sonst nicht viel Verwendung für das Stück Wiese neben der A 281.

In guter Hoffnung wurde das „Außerhalb“ dann eröffnet, mit einem Konzert der Band „Lotte“, die schon das Abschlusskonzert im „Unterhalb“ gegeben hatte. Wie die Bremer Band kommen viele der KünstlerInnen und Gäste aus Bremen oder der gut vernetzten Szene im Norden Deutschlands. Nach den ersten Anfragen seien die Leute von selbst gekommen, über FreundInnen von FreundInnen, meint Grasshoff. Das Projekt wurde bekannt. Eine neue Tanzfläche wurde gebaut, mal stand ein Jurtenzelt da, das „Außerhalb“ wuchs und veränderte sich mit jeder Veranstaltung.

Viele BesucherInnen kletterten einfach über den Zaun

Mitte Oktober ist der Traum nun vorbei, das Projekt wird nicht weitergeführt. „Es war ein schöner Sommer, mit viel Stress und Arbeit“, sagt Grasshoff. „Schade“ sei gewesen, dass viele BesucherInnen einfach über den Zaun kletterten. Und es gab Lärmbeschwerden von AnwohnerInnen, obwohl man denen mit verstärktem Schallschutz und einem Bass-Auslöscher gemeint hatte, vorbeugen zu können.

Während der Einlass erst nach dem Solidaritätsprinzip „Zahl, so viel du kannst“ funktionierte, gab es schließlich doch feste Eintrittspreise und zum Abschlusswochenende sogar ein richtiges Festivalbändchen. Für das tage- und nächtefüllende Programm kamen Bands und DJs aus Hamburg, Kiel, Hannover, Berlin und sogar Oslo. Aus Bremen beteiligten sich bekannte Kollektive wie Peng!, Zwerk oder Weserbagaludn – die Szene hält zusammen.

Die Gäste sind begeistert. „So was gab es in Bremen lange nicht“, meint ein Besucher mit Dreadlocks und Anorak, während er am Bier nippt. Siebdruck, Kickern und Tanzen zu Technosounds, die unter der orangefarbenen Regenplane hervorquellen: ein letztes Mal draußen feiern, bevor die Wiese im herbstlichen Matsch ertrinkt.

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