In eigener Sache: Wir sind die Guten

WORT UND TAT Tue Gutes und rede darüber. Nach dieser Devise verfahren immer mehr Unternehmen und Kommunen. Sie veröffentlichen Berichte über ihr Engagement für Nachhaltigkeit

41 der 150 größten Unternehmen informieren kaum oder gar nicht

VON TILMAN VON ROHDEN

Die Berichte geben Auskunft über das Selbstverständnis, Strategien sowie aktuelle Aktivitäten für ein höheres Maß an Gerechtigkeit und Umweltschutz. Von den 150 größten deutschen Unternehmen legen nach den Recherchen des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und der Unternehmensvereinigung Future 56 Nachhaltigkeitsberichte vor. Manchmal sind es keine eigenständigen Berichte, sondern die Informationen werden auf der Unternehmensseite im Internet, im Geschäftsbericht, als Umwelterklärungen oder Broschüren zu einzelnen Themen wie Klimaschutz oder Personalverantwortung veröffentlicht. 41 der 150 größten deutschen Unternehmen stellen der Öffentlichkeit kaum oder gar keine Informationen über Nachhaltigkeit zur Verfügung.

IÖW und Future werten diese Informationen seit Jahren aus und erstellen ein Ranking der Nachhaltigkeitsberichte. Die ersten drei Plätze im aktuellen Ranking belegen bei den Großunternehmen BMW, Siemens und BASF. Bei den Klein- und mittelständischen Unternehmen (KMU) obsiegten die Biobrauerei Neumarkter Lammsbräu, der Online-Versand für ökofaire Produkte Memo sowie die Bremer Straßenbahn AG. KMU werden nur auf Wunsch der Firma gerankt, Großunternehmen nehmen im Zweifelsfall unfreiwillig am Ranking teil.

Die Berichte sind nach der Feststellung des IÖW ein guter Indikator, um das gesamte Engagement eines Unternehmens für Nachhaltigkeit zu beurteilen. „Es zeigt sich, dass umfassende Analysen eines Unternehmens etwa durch Rating-Agenturen mit unserem fokussierten Ranking ein hohe Übereinstimmung haben. Das engagierte Streben nach Nachhaltigkeit spiegelt sich in umfangreichen und substanziellen Informationen für die Öffentlichkeit“, sagt Jana Gebauer, IÖW-Leiterin des Rankings. Allerdings gebe es auch Ausnahmen von dieser Regel. Manche Firmen würden ihre Verantwortung für nachhaltiges Handeln ernst nehmen, aber darüber nur unzureichend berichten. Dies treffe auch auf viele KMU zu, die Nachhaltigkeitsberichte nicht als Teil unternehmerischer Performance begreifen, sondern als den verzichtbaren Teil der Unternehmenskommunikation. Oft würden kleineren Firmen aber auch schlichtweg die Ressourcen fehlen, um intensiv über ihre Aktivitäten zu berichten, gibt Gebauer zu bedenken.

Informationen über nachhaltiges Handeln haben nicht nur für die Öffentlichkeit, die Transparenz von Unternehmen erwartet, ihre Bedeutung. Mit den Berichten werden ebenso innerbetriebliche Prozesse in Gang gesetzt. Denn das systematische Aufarbeiten aller verfügbaren Informationen über innerbetriebliches nachhaltiges Handeln legt zugleich die aktuellen Schwächen offen und kann eine Grundlage für die mittelfristige Intensivierung nachhaltiger betrieblicher Aktivitäten sein. „Ich glaube an unsere Methodik, die Fähigkeit und Bereitschaft von Unternehmen, nachhaltig zu handeln, anhand der Berichte zu beurteilen. Unzufrieden wäre ich, wenn Praxis und Berichte der Unternehmen systematisch auseinander fallen“, sagt Jana Gebauer. Unzufrieden stimme sie auch, wenn sich in der Öffentlichkeit das Bild verfestigte, dass Nachhaltigkeitsberichte nur Teil einer geschickten PR-Strategie seien. „Verbraucher haben guten Grund, betriebliche Informationen zur Nachhaltigkeit ernst zu nehmen“, sagt Gebauer. Konsumenten mit unabhängigen Nachhaltigkeitsbewertungen von Unternehmen zu versorgen, ist die Domäne des Internetportals Wegreen. Es verzeichnet die Urteile von rund 40 unabhängigen Quellen und bündelt diese dann zu einer Bewertungsampel für jedes einzelne Unternehmen. Rund 40.000 Unternehmen sind nach Auskunft von Wegreen auf der Internetseite mit einer Ampel für Nachhaltigkeit vertreten.

Die Plattform informiert Verbraucher nicht nur detailliert über die Nachhaltigkeit von Unternehmen, es bewertet auch einzelne Konsumgüter. Dazu nutzt Wegreen unter anderem die Informationen von 400 Öko- oder Nachhaltigkeitssiegeln. Die Plattform wandelt sich nach Angaben des Mitgründers Maurice Stanszus zusehends zu einem Shopping-Portal für Käufer, die auf nachhaltige Produkte Wert legen.

Während das IÖW/Future-Ranking vorwiegend von Fachleuten wahrgenommen wird, richtet sich der Deutsche Nachhaltigkeitspreis an die breite Öffentlichkeit. Seit 2008 werden jährlich Unternehmen aus allen Branchen in verschiedenen Kategorien ausgezeichnet. Für den diesjährigen Wettbewerb haben sich neben 680 Firmen auch 119 Städte und Gemeinden beworben. Nachhaltigkeit, das zeigen diesen Zahlen, ist ein Bereich mit Zukunft.