Anarchie auf schmalem Gral

Musical König Artus und die Ritter der Tafelrunde suchen in „Monty Python’s Spamalot“ den heiligen Gral – und finden ihn im Fritz-Theater am Herdentorsteinweg

Suchen den Gral im Pixelwald: Patsy, König Artus und Sir Lancelot Foto: Michael Svensson/Fritz Theater

von Karolina Meyer-Schilf

Der Moment, in dem man sich an diesem Premierenabend zum ersten Mal fragt: „Was ist das hier eigentlich für ein Quatsch?“, kommt erstaunlich spät. Versierte Monty-Python-Fans wundern sich eben nicht, wenn ein Musical mit einem Stück namens „Fisch-Schlapping-Lied“ beginnt und das Ensemble mit Plüschfischen aufeinander einschlagend „Finnland“ skandiert. Auch dann nicht, wenn wenig später König Artus und die Ritter der Tafelrunde versuchen, eine von Franzosen besetzte Burg mit einem riesigen Trojanischen Hasen zu erobern. Versehentlich allerdings, ohne vorher hineinzuklettern. Und schon gar nicht wundert sich der Freund gepflegten britischen Humors über die plötzliche und energetisch performte Cheerleader-Einlage für „A-R-T-U-S, ARTUS!“

Im Kern geht es also um König Artus, die Tafelrunde und ihre Suche nach dem heiligen Gral. Monty Python hatte sich der Artussage bereits 1974 mit dem Film „Die Ritter der Kokosnuss“ angenommen. Der nun auch den Handlungsrahmen für das Musical bildet, angereichert mit weiteren Sketchen und Liedern aus dem Repertoire der englischen Kultgruppe.

Nein, der Moment, in dem zum ersten Mal die leise Frage ins Bewusstsein dringt, was das hier eigentlich für ein Quatsch ist, der kommt zunächst ganz unspektakulär daher: Die Fee aus dem See intoniert eine musikalisch wahrhaft zu Herzen gehende typische Musical-Hymne. Was so zart und Lloyd-Webber-haft beginnt, steigert sich über Anlehnungen bei Gershwins „Porgy and Bess“ und dem Scatgesang Ella Fitzgeralds bis hin zu „Mah Na Mah Na – Di diiii didibi.“ Und genau das ist der Moment, in dem man sich einerseits fragt, warum zum Teufel jemand 35 Euro für eine Karte zu diesem anarchischen Albtraum von Musical ausgeben sollte, und im selben Gedanken schon wieder versöhnt ist mit der Welt und ganz besonders mit dem Fritz-Theater und seinen kleinen technischen Unzulänglichkeiten. Es ist alles ein bisschen bizarr: Pixelige Animationen auf LED-Wänden bilden das Bühnenbild, der Ton hat anfangs Probleme und ist zu laut.

Das kleine Varieté hat sich einiges vorgenommen mit „Monty Python’s Spamalot“, einer Broadwaynummer immerhin. Und dass es dem Haus trotz begrenzter Bordmittel gelingt, dieses Stück angemessen auf die Bühne zu bringen, liegt vor allem an dem breit aufgestellten Ensemble: Tim Reichwein gibt mit „Spamalot“ sein Regie-Debüt und steht dazu noch selbst auf der Bühne, die mitreißende Choreografie stammt von Ensemblemitglied Sarah Fleige.

„Spamalot“ ist eine wenig subtile Parodie auf allgegenwärtigen Musical-Schnulz

Stilistisch lässt sich „Spamalot“, das von dem Monty Python-Mitglied Eric Idle und John Du Prez geschrieben wurde und 2004 seine Tony-gekrönte Broadway-Premiere feierte, schlecht einordnen. Natürlich enthält es alle klassischen Musical-Elemente, die da wären: eine wirre bis unwahrscheinliche Handlung in zwei Akten aus den Themenfeldern Liebe und Abenteuer, epische Hymnen im Wechsel mit Chorstücken und viel Tanz. Sogar Revuegirls gibt es, denn: „Das ist Camelot, die Stadt, die niemals schläft!“

Das Ganze ist eine wenig subtile Parodie auf den allgegenwärtigen Musical-Schnulz. Und auch wenn Andrew Lloyd-Webber und Co. für die erprobte Humor-Kampftruppe Monty Python eine leichte Beute sind, birgt diese mit allen bewährten Zutaten der klassischen Broadway-Shows gespickte Anarcho-Persiflage auf das Genre auch Gefahren: es zu übertreiben etwa. Das Fritz-Ensemble tut das erfreulicherweise nicht, sodass bei allem im Stück angelegten Irrwitz immer der Eindruck bleibt: Ja, es ist albern. Aber es ist lustig und es ist kein Klamauk.

Die im Originalstück vorgesehenen, aber eigentlich verzichtbaren Seitenhiebe auf das aktuelle Tagesgeschehen gibt es auch hier, auch mit Bremenbezug, aber ohne sprühende Pointen. Insgesamt beherrscht das Fritz-Ensemble den schmalen Grat zwischen Witz und Wahnsinn und wird von seinem Publikum im ausverkauften Saal am Ende dafür mit minutenlangem, stehendem Applaus gefeiert.

Nächste Aufführungen: 14. und 15. 10., 20 Uhr, Fritz-Theater