: Sander will „zurück in die Steinzeit“
NEUE RECHTSLAGE Naturschutzverbände kritisieren den Niedersächsischen Entwurf von Umweltminister Sander zum neuen Naturschutzgesetz. Der Entwurf stelle bisher unantastbare Standards in Frage
„Zurück in die Steinzeit“, „Paradigmenwechsel“, „standardisierte Verarmung“ – die Beleidigungen galten allesamt Niedersachsens umstrittenem Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP). Den Freidemokraten traf wieder einmal der geballte Zorn organisierter Naturschützer. Aktueller Anlass: Sanders Ausführungsbestimmungen zum neuen Bundesnaturschutzgesetz, die er als Entwurf dem Kabinett vorgelegt hat, ohne sie mit den Verbänden abzustimmen.
Dieser „Verstoß gegen das Kooperationsprinzip“ war aber nur einer von vielen Kritikpunkten, die ihm Freitag auf einer Tagung in Hannover angekreidet wurden. Dort hatten sich Verbandsexperten versammelt, um aufgrund der neuen Rechtslage die „Perspektive des Naturschutzes in Niedersachsen“ zu erörtern. Die ist, glaubt man den Verbänden, zappenduster. Sanders Entwurf, erläuterte Hans-Werner Persiel, Vorsitzender des Bundesverbandes Beruflicher Naturschutz (BBN), stelle bisher unantastbare Standards in Frage. Wie seine Kollegen störte sich Persiel vor allem am Flächenausgleich, der bei Eingriffen in die Natur fällig war. Sanders Papier sieht vor, die Kompensation auszuhebeln. Stattdessen wird Bauherrn oder Betreibern von Großprojekten jetzt die Möglichkeit eingeräumt, sich mit einem Kleckerbetrag (höchstens sieben Prozent der Baukosten) herauszukaufen. Kann bei Raubbau an der Natur ein öffentlichem Interesse reklamiert werden, fällt die Ausgleichszahlung komplett weg.
Gleiches gilt praktisch auch für die obligatorische Landschaftsplanung. Den Gemeinden soll „freigestellt“ werden, ob sie eine solche vornehmen, wenn Biotope mit Gewerbeparks zugepflastert werden. Das Ausweisen von Landschaftsschutzgebieten, bislang ein „Muss“ für die unteren Naturschutzbehörden – sobald bestimmte Kriterien erfüllt sind – wird in eine „Kann“-Bestimmung umgewandelt.
Schlimm daran sei die Rechtsunsicherheit, resümierte Holger Buschmann vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu), noch schlimmer, dass Niedersachsens „Naturnutzerschutzgesetz“ anderen Ländern als Vorbild dienen werde. Sanders Haus wiederum nahm das als Kompliment für die „rechtspolitischen Akzente“ des Entwurfs auf.MICHAEL QUASTHOFF