: Zugeständnis an Dritte Welt
USA sind bereit, ihre Agrarsubventionen zu kürzen. Blockieren nun die Europäer?
BERLIN taz ■ Unerwarteter Politikwandel: Die USA kommen den Entwicklungsländern bei der Landwirtschaftspolitik entgegen. Gestern luden sie 15 einflussreiche Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) nach Zürich – darunter Kanada, die EU und Brasilien. Weitere informelle Treffen folgen heute und morgen in Genf. Bis zur großen WTO-Ministerkonferenz Mitte Dezember in Hongkong wollen die USA erreichen, dass die 2001 in Doha eingeläutete „Entwicklungsrunde“ doch noch bis Ende 2006 erfolgreich abgeschlossen werden kann.
Eine Einigung scheiterte bislang vor allem an den Industrieländern, die sich weigerten, den Entwicklungsländern beim Thema Agrarhandel entgegenzukommen. Während vor allem die EU und USA eine immer weitergehende Marktöffnung im Süden verlangten, hielten sie gleichzeitig eisern an den hohen Subventionen für ihre Agrarprodukte fest. Die derart erzeugten Überschüsse drücken sie dann mit weiteren Subventionen auf den Weltmarkt und ruinieren dort die Preise.
Doch nun scheint die US-Regierung bereit, ihre Exportsubventionen innerhalb von fünf Jahren abzuschaffen und auch das Instrument der Nahrungsmittelhilfe nicht länger zu missbrauchen, um Agrarüberschüsse loszuwerden. Zölle auf Agrarprodukte sollten langfristig gestrichen werden. Darüber hinaus wollen die USA ihre Landwirtschaftsubventionen um 60 Prozent kürzen und auch andere Subventionen abzuschaffen.
Die EU hatte schon vor einem Jahr angeboten, ihre Exportsubventionen abzuschaffen – falls die USA mitziehen. Diese spielen den Ball nun an die Europäer zurück. „Die USA sind bereit zu harten Entscheidungen im Agrarsektor, aber wir können dies nicht alleine tun“, schrieb der US-Handelsbeauftragte Portman in der Financial Times. Doch die EU-Kommission steht unter Druck. Ein gutes Dutzend EU-Staaten forderte, dass es Zugeständnisse nur nach Konsultationen geben dürfte.
Wegen der Sturheit der Industrieländer hatten die Entwicklungsländer die letzte WTO-Ministerkonferenz 2003 im mexikanischen Cancún platzen lassen. EU-Handelskommissar Peter Mandelson mahnte daher jetzt in einem Schreiben an die nach Zürich reisenden Handelsminister: „Wir können Hongkong nicht erfolgreich abschließen ohne ein gutes entwicklungspolitisches Paket.“ Unter anderem schlug der Brite vor, von den ärmeren Entwicklungsländern keine weitere Marktöffnung zu verlangen, ihnen aber umgekehrt freien Zugang zu den Märkten der Industrieländer zu gewähren. Die entscheidende Frage der Subventionen aber erwähnt Mandelson in seinem Brief nicht. NICOLA LIEBERT
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