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Davis Cup und keiner will hin

TENNIS Vor dem Duell um den Klassenerhalt gegen Polen schauen die deutschen Männer mit Neid auf die Frauen: Es fehlt an Spitzenpersonal, Sponsoren und einem guten Fördersystem

Karriere leicht gemacht: Daniel Brands, Nr. 132 der Weltrangliste, rückt wegen Absagen ins deutsche Davis-Cup-Team auf Foto: ap

Aus Berlin Alina Schwermer

Das Plakat für die Davis-Cup-Begegnung hing im Presse­raum wie eine ständige Erinnerung an Michael Kohlmanns Sorgen. Ursprünglich sollte es mal zeigen, wer gegen Polen alles spielen wird. Doch von den beiden Männern, die da übers Plakat hechten, wird keiner dabei sein, wenn es ab heute um den Klassenerhalt in der Weltgruppe geht. Nicht Philipp Kohlschreiber, der verletzt ist, und auch nicht Alexander Zverev, dessen Absage eher unter „keine Lust“ fiel. Dustin Brown ist gar nicht drauf; der spielt bekanntlich lieber ein Challenger-Turnier in Polen. Es ist Davis Cup und keiner will hin: Vor der für Deutschland so wichtigen Begegnung steht Teamkapitän Michael Kohlmann vor altbekannten Problemen.

Seit Jahren fehlt es den deutschen Männern an Spitzenpersonal. Das Davis-Cup-Team dümpelt vor sich hin, und wer einigermaßen erfolgreich spielt, hört lieber weg, wenn Teamchef Kohlmann nach Freiwilligen sucht. Michael Kohlmann, der die Unlust einiger Spieler zuletzt sehr deutlich kritisiert hatte, versuchte vor dem Spiel wieder Ruhe reinzubringen. Er sagte: „Man darf aus den Absagen nicht auf die allgemeine Einstellung schließen.“

Doch schon lange hat das Nationalteam bei den deutschen Männern einen geringeren Stellenwert als das bei den Frauen. Früher waren Absagen für die deutschen Herren allerdings deutlich leichter zu verkraften. Wer zwölf oder dreizehn Spieler in der Top 100 hatte, für den war ein Ausfall keine Katastrophe. Heute kommt zum Unwillen der Spieler die fehlende Qualität. Es muss schon ein wenig ­scrollen, wer in der Weltrangliste einen Deutschen finden will: Mit Alexander Zverev taucht der erste auf Rang 27 auf. Und aus der Ersatztruppe, die nun gegen Polen antritt, stehen Daniel Brands und Daniel Masur nicht mal in der Top 100.

Während die Frauen regelmäßig internationale Erfolge verzeichnen und eine Weltklassespielerin wie Angelique Kerber, die neue Nummer eins der Weltrangliste, in ihren Reihen haben, stagnieren die Männer seit Langem im Mittelmaß. Der hochgehandelte Alexander Zverev enttäuschte zuletzt – und jenseits von Zverev kommt nicht viel. „Wir gucken schon ein bisschen sehnsüchtig zu den Damen rüber“, sagt Kohlmann.

Die Unterschiede beginnen bereits bei den Voraussetzungen. „Das Damentennis hat ein wesentlich besseres Fördersystem“, erklärt Kohlmann. Dies hat auch mit dem finanziellen Engagement eines Automobilkonzerns zu tun. „Sie haben einen Sponsor, der sehr viel investiert und natürlich ein Interesse daran hat, dass seine Turniere gut besetzt sind.“ Großzügig gesponsert wird von diesem das deutsche Fed-Cup-Team, seit 2012 das Talentteam für Nachwuchsspielerinnen, und schon seit 2006 das eben durchaus prominent bestückte WTA-Hallenturnier in Stuttgart. Im Männertennis stünden, so der Teamchef, wesentlich weniger Mittel zur Verfügung. „Wir müssen immer schauen, dass wir aus unseren Fördermitteln das Beste rausholen.“

Es gibt zudem noch andere wirkungskräftige Ursachen. Die Rolle der Landesverbände etwa, die, so heißt es, mehr gegeneinander arbeiten würden als miteinander. Die Vereine, die lieber günstige Ausländer spielen lassen, als Deutsche einzusetzen. Das deutsche Fördersystem, das eher Masse als Klasse produziert. Der 19-jährige Alexander Zverev ist derzeit der einzige realistische Kandidat für eine große internationale Karriere . „Er hat ein Riesenpotenzial“, sagt Kohlmann. „Er wird irgendwann auch große Turniere gewinnen.“ Auf dieses „Irgendwann“ warten sie und wollen zudem an einem besseren Fördersystem arbeiten – für die nächste Generation.

Bis dahin hoffen die Herren, vom internationalen Glanz von Angelique Kerber zu profitieren. „Der Sieg von Kerber bei der US Open ist sehr wichtig für uns, sehr wichtig auch für den Davis Cup“, sagt Hans-Jürgen Pohmann, Exspieler und Pressesprecher beim DTB. Den Zuspruch von 2.500 bis 3.000 Zuschauern für das Relegationsspiel gegen Polen führt er auch auf Kerber zurück. „Jede Schlagzeile nützt dem Tennis.“ Ob daraus allerdings ein langfristiger Boom wie zu Zeiten von Boris Becker und Steffi Graf entsteht, bezweifeln nicht nur Beobachter, sondern auch der Teamchef. „Der Boom wird so nicht noch mal möglich sein“, sagte Michael Kohlmann zuletzt. Ihm geht es erst mal darum, Tennis überhaupt wieder auf den deutschen Radar zu bringen.

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