Debakel bei ThyssenKrupp

POTT I Linke prangert nach Milliardenverlusten Kontrolleure des Stahlriesen an – auch SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück. Konzernchef will durchgreifen

ESSEN/BERLIN taz/dapd/rtr | Die Linke fordert wegen Milliardenverlusten personelle Konsequenzen im Aufsichtsrat von ThyssenKrupp. „Es ist etwas faul in diesem Land, wenn Manager wie (der Aufsichtsratsvorsitzende Gerhard) Cromme für einen verursachten Schaden von 5 Milliarden nicht zur Verantwortung gezogen werden, aber langjährige Angestellte wegen des Diebstahls von einem Brötchen oder 1,30 Euro fristlos gekündigt werden“, sagte die stellvertretende Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht am Dienstag in Berlin. Zugleich kritisierte Wagenknecht SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Wer wie er im Aufsichtsrat von ThyssenKrupp „jämmerlich versagt“ habe, sei ungeeignet, die Regierung eines Landes zu übernehmen.

Deutschlands größter Stahlkonzern hatte am Montagabend einen Rekordverlust von 5 Milliarden Euro für das abgelaufene Geschäftsjahr bekannt gegeben. ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger kündigte an, bei dem auch wegen illegalen Preisabsprachen und Korruptionsvorwürfen angeschlagenen Konzern durchzugreifen: „Ich werde hier nichts beschönigen, denn es ist offensichtlich, dass in der Vergangenheit sehr viel schiefgelaufen ist“, sagte er am Dienstag auf der Bilanzpressekonferenz in Essen. Für einige in der ThyssenKrupp-Führung seien Seilschaften und blinde Loyalität wichtiger gewesen als unternehmerischer Erfolg.

Der Traditionskonzern steckt in der größten Krise seit der Fusion von Thyssen und Krupp 1999. Neben dem mit Abstand höchsten Fehlbetrag in der Firmengeschichte hat ThyssenKrupp mit Schadenersatzforderungen wegen illegaler Kartellabsprachen mit Schienenherstellern zu kämpfen.

Der Aufsichtsrat bestätigte zudem die vorzeitige Trennung von drei der sechs Vorstandsmitglieder. Ein klares Zeichen für einen Neuanfang, sagte Hiesinger, der seit Anfang 2011 den Konzern führt. Es gehe um „eine neue Führungskultur, die auf Ehrlichkeit, Transparenz und Leistungsorientierung basiert“.

Der Manager will in den nächsten drei Jahren 2 Milliarden Euro einsparen. Dafür schließt er den Abbau von Arbeitsplätzen nicht aus. Auch die schwächelnde europäische Stahlsparte steht auf dem Prüfstand: „Wir wollen einen Weg finden, um Steel Europe erfolgreich weiterzuführen“, sagte Hiesinger. Spekulationen, ThyssenKrupp wolle im Zuge der Sparanstrengungen im Konzern rund 3.000 Jobs streichen, befeuerte er nicht.