: Vormarsch der Rebellen
GEGENWART Aufständische in Syrien erobern und halten wichtige Orte. Die Erfolge werden auch durch radikale Islamisten erzielt
BERLIN taz/dapd/afp/dpa | Syrische Aufständische haben am Dienstag eine große Kaserne der Regierungstruppen westlich von Aleppo ganz unter ihre Kontrolle gebracht. Die Kämpfe um den Militärstützpunkt hatten vor zwei Wochen begonnen. Am Montag starteten die Rebellen einen neuen Vorstoß. Unter den Kämpfern waren auch Mitglieder der Al-Nusra-Front, einer dschihadistischen Gruppe, die in der Vergangenheit ihre Erklärungen auf einer Webseite veröffentlichte, die al-Qaida nahesteht.
Die Einnahme der Scheich-Suleiman-Kaserne ist der bisher letzte in einer ganze Reihe von militärischen Erfolgen, die die Kämpfer in den vergangenen Wochen erzielten. Sie eroberten mehrere Militärbasen, darunter in Aleppo, in der Nähe der Hauptstadt Damaskus und in der Provinz Deir al-Sur. Im Gegensatz zu früher konnten sie diese Basen auch halten. Dabei eroberten sie etliche Waffen, vor allem in Aleppo, wo ihnen unter anderem Luftabwehrraketen und gepanzerte Fahrzeuge in die Hände fielen. Derzeit kommt es immer wieder zu Kämpfen in der Nähe des Flughafens von Damaskus.
Nach der Gründung eines Obersten Militärrats am Wochenende und einer sich abzeichnenden internationalen Anerkennung der Nationalen Koalition als neues Oppositionsbündnis (siehe rechts), hoffen die Rebellen der Freien Syrischen Armee (FSA) jetzt auf verstärkte Waffenhilfe aus dem Ausland.
Nicht dem Militärrat angeschlossen sind die Al-Nusra-Front und die ebenfalls islamistische Gruppe Ahrar al-Sham. Die USA setzten am Dienstag die Al-Nusra-Front auf ihre Liste der ausländischen Terrororganisationen. Wie aus einer amtlichen Mitteilung im Internet hervorging, hält die Regierung in Washington die Mitglieder der Gruppe für Verbündete von al-Qaida im Irak. In den Reihen der Al-Nusra-Front finden sich zahlreiche Ausländer, die gut bewaffnet sind und über Kampferfahrung verfügen. Dies führte in der Vergangenheit gelegentlich dazu, dass Rebellen anderer Gruppen zu al-Nusra wechselten, weil sie deren Kampf für effektiver hielten. Aus dem gleichen Grund kommt es auch zu gemeinsamen Aktionen zwischen islamistischen Gruppen und der Freien Syrischen Armee, die sich inzwischen bemüht, ihre Rebellengruppen zu größeren Brigaden zusammenzuschließen.
Syrische Oppositionelle weisen darauf hin, dass das Argument, Waffen aus dem Ausland könnten in die falschen Hände fallen, obsolet sei, da die radikalen Islamisten im Gegensatz zur FSA bereits jetzt besser ausgerüstet seien. Damit wüchsen ihr Ansehen und ihre Rolle im militärischen Kampf gegen das Regime.
Die Härte und Brutalität der Auseinandersetzung wurde jetzt erneut in einem Video deutlich. Nach Angaben von Aktivisten stammt es aus Homs. Es zeigt, wie ein zehnjähriger Junge, angefeuert von mehreren Männern, mit einem langen Messer einen Mann köpft. Das Opfer soll ein Offizier der syrischen Armee sein und – wie Präsident Baschar al-Assad – der Minderheit der Alawiten angehören. B.S.