: Mangelnde Gleichberechtigung tötet
Weltbevölkerungsbericht prangert Gesundheitsgefährdung insbesondere von Frauen in Entwicklungsländern an
BERLIN taz ■ Jede Minute stirbt eine Frau an vermeidbaren Komplikationen während der Schwangerschaft oder bei der Geburt – zu 99 Prozent in den Entwicklungsländern. Armut, Diskriminierung und Gewalt führen in Sub-Sahara-Afrika dazu, dass 57 Prozent aller HIV-Infizierten Frauen sind. Zu diesen Feststellungen kommt der gestern in Berlin vorgestellte Weltbevölkerungsbericht 2005 der UN-Bevölkerungsorganisation UNFPA.
Der Bericht trägt den Titel: „Das Versprechen der Gleichberechtigung: Gleichstellung der Geschlechter, reproduktive Gesundheit und die Millenniumsentwicklungsziele“. Dieses Versprechen müsse eingelöst werden, so Renate Bähr, Sprecherin der deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW), auf der gestrigen Pressekonferenz. Mangelnde Gleichberechtigung führe zu Armut. Gleichbehandlung rette Leben, verbessere die Gesundheit und helfe, sich dem Ziel der Armutsreduzierung entscheidend zu nähern.
60 Jahre nach der UN-Charta und 5 Jahre nach der Verabschiedung der Millennium-Entwicklungsziele (MDGs) sieht die Bilanz jedoch eher schlecht aus, so Bettina Maas, Vertreterin der UNFPA. Aids ist ein zunehmendes Problem. Etwa die Hälfte aller Neuinfektionen betreffe junge Menschen zwischen 15 und 24 Jahren, und besonders junge Frauen seien bedroht. Ungewollten Schwangerschaften, der Unterdrückung der reproduktiven Rechte von Frauen und der enormen Müttersterblichkeit solle mit Bildung und Aufklärung begegnet werden, fordert die UNFPA. Gerade in armen Regionen seien Frauen oft gezwungen, sexuell riskante Beziehungen einzugehen und damit sich selbst und ihre Familie zu gefährden. Entscheidend sei die Einbeziehung von Männern. Oft entschieden sie darüber, wie Familienplanung aussieht und ob Frauen medizinische Hilfe bekommen.
Aufklärung und Bildung allein reichen nicht. Wenn sich alle 14 Sekunden ein junger Mensch mit Aids ansteckt, aber in Afrika pro Mann pro Jahr nur ein Kondom durch Hilfsleistungen zur Verfügung gestellt wird, dann muss von einem Versorgungsengpass gesprochen werden, so Renate Bähr. Die internationale Politik sei gefragt. Deren Wille zu handeln sei aber nicht immer deutlich sichtbar. So hätten die Geberländer 2003 weltweit Entwicklungshilfe in Höhe von 69 Milliarden US-Dollar bereitgestellt, die weltweiten Militärausgaben beliefen sich im gleichen Zeitraum jedoch auf etwa 1 Billion Dollar. MIRJAM MEINHARDT