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Meister der Yachten

Ausstellung Warum Franco Pace zu den bedeutendsten Segel-Fotografen zählt, ist derzeit in der Havengalerie zu sehen

von Matthias Beilken

Es sind vor allem die alltäglichen Motive beim Segeln, die der Starfotograf Franco Pace seit einen halben Jahrhundert zur Ewigkeit verdichtet. In einem Sekundenbruchteil. Eine wehende Flagge hinter einem Yachtheck, die wegen der Superweitwinkeligkeit übergroß wirkt – so, als würde sie über dem Betrachter schweben. Ein Moment auf einem Sportboot, messerscharfe Gischttropfen, die wie Diamanten funkeln, in Tausendsteln einer Sekunde eingefangen. Ein durch eine Fahrwasserenge kreuzendes Yachtfeld aus der Luft, mit Panoramaoptik. Alltäglicher könnten die Szenerien kaum sein. In solchen Motiven sähen Amateurfotografen höchstens Dokumentation. Nicht so Franco Pace. Seine Bilder sind mit der Kamera aufgenommene Lichtgemälde. Das ist der berühmte Franco-Pace-Stil, eine Ästhetik, die der Malerei mehr ähnelt als Sportfotografie.

Paces mittlerweile 70 Jahre altes Gesicht erzählt von seinen Reisen. Wettergegerbt ist gar kein Ausdruck für das Antlitz des wohl berühmtesten Yachtfotografen der Welt. Souverän lehnt er in einer Ecke der „Havengalerie“ in Alt-Vegesack, erzählt und signiert. Die noch junge Galerie fällt durch Progressivität auf: Künstler wie Till Mette oder Uli Stein waren mit ihren kecken Comics auch schon da. Urs Weiler, ein Künstler aus der Schweiz, kommt im November – mit seinem Programm „Kunst aufräumen“.

Paces Werdegang zu einem der größten seiner Zunft begann eher zufällig und mit etwas ganz anderem. Franco Pace war früher Lehrer, oder besser: studierter Meeresbiologe. In Italien brachte das für Wissenschaftler damals auch die allgemeine Lehrbefugnis für naturwissenschaftliche Fächer mit sich. Also stand er als junger Mann jahrelang vor Klassen. Und weil die Kids im Sommer Ferien hatten, war ihr Lehrer manchmal von Triest aus auf der Adria unterwegs. Er malte gern. Und knipste das eine oder andere Urlaubsfoto, aber das war’s auch schon. Damals fotografiert er noch eher Landschaften als Yachten.

Für seine Abschlussarbeit musste der Meeresbiologe in spe durch ein Mikroskop geschossene Schwarz-Weiß-Aufnahmen selbst entwickeln. Und dem künstlerisch begabten Hobbymaler fiel schließlich auch auf, dass es schneller geht, ein Bild zu belichten als ein Gemälde zu pinseln: „Eine Tausendstelsekunde, und das war’s“, sagt er.

Pace ist also eher spät und als Autodidakt zur Fotografie gekommen. „Spät“, weil er schon ein Mittzwanziger war und seine Eltern nicht auch schon Yachtfotografen waren. Aber das wichtigste Werkzeug brachte er wohl bereits mit: den Blick fürs Bild. Er führt ihn noch heute zu einer genialen Sichtweise auf sportliche Situationen, die unnachahmlich ist.

Der weltberühmte Franco-Pace-Stil erinnert eher an Malerei als an simple Sportfotografie

Einige Arbeiten, die in der „Havengalerie“ an der Wand hängen, sind weltberühmt. Nicht Sensationsgier oder gar Voyeurismus, die oft mit noch neueren, schickeren und radikaleren Yachten einhergeht, prägen die Fotos, sondern eine gewisse Zeitlosigkeit. Denn auf vielen Bildern sind schick renovierte klassische Yachten zu sehen, die sich – meist im Mittelmeer oder in der Karibik – zu Regatten oder Festivals treffen. Und klassische Yachten haben ja auch oft etwas Zeitloses an sich. Die wohl berühmteste Segelshow der Welt findet jährlich im Oktober statt, in Saint Tropez.

Nur drei Mitarbeiter verwalten heute ein Archiv von Hunderttausenden Dias. Denn trotz aller künstlerischen Metaphysik ist der Großmeister auch Unternehmer und Techniker. Qualitätsarbeit sei noch nicht gestorben, sagt er. Aber der Fotografenberuf sei heute schon schwieriger geworden, weil eine Kamera nicht wie früher ein Alleinstellungsmerkmal sei. So viele Eintagsfliegen und Hobbybelichter gebe es heute, die nur zufällig das goldrichtige Spezialmotiv im digitalen Portfolio haben.

Grund zur Sorge bestehe jedoch nicht: Die Nachfrage nach Qualität sei auch weiterhin gesichert, unter anderem, weil es immer noch diese riesenlangen, lichtstarken und sehr teuren Objektive gebe. Ohne so etwas käme ein echter Profi nicht aus, sagt er, und die Ausrüstung müsse sich amortisieren. Die Yachtfotografie, sagt Pace, sei unternehmerisch betrachtet sehr praktisch: Mit einem Bild konnte er gleich mehrere Branchen ansprechen. Werften, Designer, Segelmacher. Da ist er in Vegesacks „Yachtvalley“ genau an der richtigen Adresse.

Bis zum 8. Oktober in der Vegesacker „Havengalerie“, Alte Hafenstraße 27

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