Brücke zwischen den Kulturen

Festival Der Syrische Exil-Kulturverein organisiert das erste syrische Kulturfestival in Bremen, um den vom Krieg bedrohten kulturellen Reichtum Syriens zu vermitteln

Versuchen sich an einer gänzlich ungefährlichen „Entführung nach Syrien“: Derwisch-Tänzer und Maqam-Musik Foto: Funun Festival

von Pia Siber

Vor dem Krieg galt Syrien als kulturelles Zentrum der arabischen Welt. Dieses Kulturerbe ist nun bedroht, erklärt Jasmina Heritani, Vorsitzende des Syrischen Exil-Kulturvereins. Ganze Städte, und mit ihnen unwiederbringliche Kulturgüter, liegen in Trümmern. Heritani hat das Funun-Festival organisiert, auf dem von dem Bedrohten erzählt wird. So bedeutet der Name „Funun“ schlicht: Künste.

Dort wird etwa Issam Ballouz einen Vortrag über das „Syrian Heritage Archive Project“ halten: ein Berliner Archiv, das versucht, sämtliche baulichen Kulturgüter zu erfassen. „Wir können die Kultur im Land nicht schützten“, sagt Heritani, „aber wir können diejenigen, die hier sind, zusammenbringen und fördern.“ Aus welchen Gründen die KünstlerInnen Syrien auch verlassen haben: Sie teilen ein gemeinsames kulturelles Erbe.

Syrien sei mehr als nur Krieg, und dieses andere Bild möchten die Veranstalter im Rahmen des Festivals vermitteln. Dabei werde zwar nicht vergessen, was in Syrien geschieht, aber das Festival sei eben kein politisches: Fluchtgeschichten werden ausschließlich auf einer persönlichen Ebene thematisiert.

Dies tut der auf dem Festival gezeigte Film „Maskoun“, indem er Menschen portraitiert, die vor der Entscheidung stehen, zu fliehen oder zu bleiben. Regisseurin Liwa Yazij hat damit ein Stück über Flucht, Exil und die Schmerzen des Verlustes geschaffen, das die Festivalveranstalter beeindruckt hat.

Einige der Künstler sind vor dem Krieg aus Syrien geflohen, aber viele lebten bereits vor 2011 in Deutschland. Heritani widerspricht energisch, wenn man „Funun“ ein „Flüchtlingsprojekt“ nennt: „Wir möchten syrischen Künstlern im Exil die Möglichkeit geben, ihre Werke zu präsentieren. Das ist kein Festival von Flüchtlingen!“ Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, syrische Kultur zu fördern und zu schützen. Sie möchten eine Plattform schaffen um ausgehend von der Kultur einen Dialog zwischen Deutschland und Syrien zu ermöglichen. „Die Kooperation zwischen deutschen und syrischen Kulturschaffenden ist uns sehr wichtig“, sagt Heritani.

Und das auch ganz praktisch: Bei dem Konzert des Expat Philharmonic Orchestra spielen etwa auch Musiker der Bremer Philharmoniker. Und die Band Damas besteht aus einem syrischen und zwei Bremer Musikern. Besonders auf das Abschlusskonzert freut sich Heritani: „Die traditionelle Maqam-Musik und der Derwisch-Tänzer werden die Zuhörer für einen Moment nach Syrien entführen.“

„Das ist kein Festival von Flüchtlingen!“

Jasmina Heritani, Vorsitzende des Syrischen Exil-Kulturvereins

Der Verein versucht noch, Freikarten für Bremer SchülerInnen aus Klassen, in denen auch Kinder aus Syrien zur Schule gehen, zu ermöglichen. „Obwohl die Crowdfunding-Kampagne erfolgreich war, ist dafür eigentlich nicht genug Geld zusammengekommen“, sagt Heritani. Aber den Kindern die Möglichkeit zu geben, die Kultur ihrer syrischem MitschülerInnen zu erleben, sei ihnen sehr wichtig.

Und auch wenn „Funun“ eigentlich ein reines Kulturfestival sein möchte, drängt die Politik dann doch immer wieder ins Programm. Mal versteckt, dann aber auch ganz ausdrücklich: bei der Lesung aus „Die Wesenszüge des Despotie und das Niederringen der Versklavung “ von Abdel Rahman al-Kawakibi.

„Das ist in Syrien quasi Abitur-Lektüre“, sagt Heritani. „Man könnte ihn mit Kant vergleichen“. Kawakibi (1855–1902) gilt als Vordenker der syrischen Aufklärung und wollte, zu seinen Lebzeiten, den Islam modernisieren. Bisher wurde das Werk nicht ins Deutsche übersetzt, wodurch die Lesung eine seltene Gelegenheit bietet, einen Einblick in die Denkweise Kawakibis zu erhalten.

12. bis 19. August. Infos unter www.seku-deutschland.de