: Was aus Wilhelms Fantasien wurde
MILITÄR Sabine von Breunig hat die Ruinen des Militärgeländes in Wünsdorf fotografisch festgehalten
Ist es eine Gründerzeitschule, oder ist es Sowjetklassizismus? Säulen hat man hier wie dort gern zur Schau gestellt. Die Sterne im Flur sprechen eher für kommunistische Tendenzen. Würde man andere Fotografien aus Sabine von Breunigs Fotoband „Geisterstadt“ zeigen, wäre das Gesamtbild noch verwirrender. Die Fotografin hat in Wünsdorf das alte Hallenbad, Kantinen und halbzerstörte Bunkeranlagen fotografiert, die auf die imperialen Fantasien von Kaiser Wilhelm II. zurückgehen.
Auf dem Versuchsschießplatz wurde die „Dicke Bertha“ getestet, die später 42-Zentimeter-Granaten von Krupp auf Belgier und Franzosen feuerte. Eine Infanterieschießschule wurde noch im Kaiserreich erbaut. Die Nazis errichteten Bunkeranlagen, in die das Oberkommando des Heeres noch vor dem Überfall auf Polen einzog. Nach dem Krieg nutzten ihre Kollegen von der Roten Armee die Anlage.
Sabine von Breunigs Fotografien provozieren die Frage, was man mit diesem langsam verfallenden Monument des Militarismus, der Kriege und der Teilung Deutschlands anstellen soll. Ihr Fotoband ist selbst eine Antwort: papierne Erinnerung und Anlass zum Nachdenken über Architekturen, die nicht mehr lang zu sehen sein werden. GUT
■ Sabine von Breunig: „Geisterstadt“. Edition Braus, Berlin 2012, 216 Seiten, mit 165 Farbfotografien, 36 Euro
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