: „Eine gewisse Verrücktheit schadet nicht“
Als Entwickler von Kirmes-Fahrgeräten muss Henning Berkelmann stets auf dem schmalen Grat zwischen ultimativem Kick und Brechreiz balancieren: Der Entwickler von Kirmes-Fahrgeräten. In der taz verrät der Raumfahrt-Ingenieur, warum es heute so schwierig ist, neue Attraktionen zu erfinden. Und verrät einen unerfüllten Traum
taz: Wer sagt eigentlich zuerst, „komm wir bauen ein Gerät, in dem die Menschen mal in eine ganz neue Richtung durchgeschüttelt werden“?
Henning Berkelmann: Das ist ganz unterschiedlich, mal ist es eine eigene Idee, mal ist es ein Kunde, der etwas Neues für seinen Freizeitpark haben möchte. Dann kann es passieren, dass mein Chef mit einer bemalten Serviette zu mir kommt und ich überlege dann, wie eine Maschine daraus entstehen könnte. Manchmal kommen auch Schüler mit einem Vorschlag zu uns oder Leute, die sich professionell damit beschäftigen.
Wie lange dauert es von der Idee bis zur Baureife?
Etwa ein Jahr, abhängig davon, wie komplex der Ablauf ist, etwa wie viele Drehachsen es gibt. Bevor etwas gebaut wird, erstellen wir heutzutage auch für jede Maschine eine Computer-Simulation. Da merkt man schnell, was funktioniert und was nicht. Zum Beispiel, ob etwas noch zu schnell ist. Von 20 Entwürfen wird letztendlich nur einer ausgewählt.
Das Breakdance-Karussel war ja in den 80ern noch eine richtige Attraktion, weil es etwas vergleichbares noch nicht gab. Sind solche Hits heute noch möglich?
Tja, das ist so eine Sache. Früher, also vor allem in den 1970er Jahren, war es noch einfach, etwas völlig neues zu erfinden. Mittlerweile gibt es alle normalen Bewegungsabläufe, die man höchstens variieren kann. Was wir zuletzt gemacht haben, sind die Giant Rides. Das sind bereits bestehende Fahrgeräte wie der Top Spin, nur in ganz anderen Dimensionen.
„Höher, schneller, weiter“ geht ja wahrscheinlich immer. Welche Grenzen des Zumutbaren gibt es?
Das ist immer ein schmaler Grat zwischen dem ultimativen Kick, den die Leute immer wieder wollen und etwas, das einfach zu schnell ist oder wo einem nur übel wird. Auf dem Markt gibt es einige Maschinen, die keine harmonischen, sondern nur zwangsgesteuerte Bewegungen haben. Am Ende wird man hin und her geworfen und will nur noch raus. Schwierig ist es vor allem, wenn man ein breites Publikum ansprechen will. So ein Teenie ist ja unzerstörbar, der kann eine Menge ab, aber die Rides sollen möglichst für die ganze Familie sein. Die Kunden wollen das immer. Aber wenn wir ihnen dann etwas präsentieren, wo auch Oma, Opa und der sechsjährige Enkel rein gehen, sagen sie oft, „Das ist uns zu lahm.“
Haben Sie noch Träume von ganz neuen Geräten?
Ja, aber natürlich träume ich von Maschinen, sonst könnte ich den Job gar nicht machen!
Von was denn?
Ich hatte eine Idee für ein Fahrgerät mit Flugzeugen, die der Benutzer selbst steuern kann und mit dem man dann so etwas wie Kunstfiguren fliegen kann. Das wäre eine unheimlich gute Maschine gewesen. Aber nicht realisierbar.
Welche Voraussetzungen braucht man eigentlich für Ihren Job?
Man muss Beschleunigung lieben. Ich fahre Motorrad und bin auch sonst immer etwas zu schnell unterwegs. Und man muss quer denken können, so eine gewisse Verrücktheit schadet nicht. Schließlich baut man etwas, wo am Ende andere davor stehen und sagen „Boah, da will ich noch mal mitfahren.“
INTERVIEW : Eiken Bruhn