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Archiv-Artikel

Ein nihilistisches Kindermärchen

TWAIN-COMIC „Der geheimnisvolle Fremde“ von Mark Twain handelt von drei Jungen, denen Satan persönlich erscheint. Atak hat die Geschichte illustriert

Vielleicht hätte Atak jetzt auch gern eine Handpuppe gehabt, einen Hai – so wie sein Comic-Kollege Fil – oder einen sprechenden Eisvogel. Um ein bisschen die Atmosphäre aufzulockern. Andererseits hat der Geschäftsführer des Aufbau-Verlags, der neben ihm sitzt, gerade gesagt, dass er im Jahr 2012 kein schöneres Buch in der Hand gehalten habe als das von Atak. Also zieht er das jetzt durch.

Ataks neues Buch heißt „Der geheimnisvolle Fremde“. Es ist die letzte, erst postum veröffentlichte und grimmigste Geschichte von Mark Twain, die der Illustrator Atak neu bebildert hat. Die Präsentation seines Buchs findet in der ehrwürdigen Kunstbibliothek statt, am Kulturforum, Potsdamer Platz. Ataks schrullige Bilder liegen in entspiegelten Glasvitrinen aus. Seine Gesprächspartner tragen Hemd und Sakko, Atak dagegen ein schwarzes Fred-Perry-Hemd, er erscheint wie ein Fremder auf der eigenen Party. Er möchte „Bilder schaffen, die wertvoll sind, aber nicht auf den ersten Blick wertvoll aussehen“, sagt er.

Früher hat er Comics gemalt, seit ein paar Jahren widmet er sich nun Kinderbüchern und illustriert Literatur. „Der geheimnisvolle Fremde“ von Mark Twain handelt von drei Jungen im mittelalterlichen Österreich, denen Satan persönlich erscheint, um sie von der Sinnlosigkeit des menschlichen Lebens zu überzeugen. Ein nihilistisches Kindermärchen, an dem Twain zwölf Jahre schrieb und das er nie veröffentlichte, trotz seines Erfolgs mit Geschichten über Figuren wie Tom Sawyer oder Huckleberry Finn.

Am Anfang fand auch Atak keinen Verlag für seine Idee. Der französische Verlag Albin Michel sicherte letztlich die Finanzierung. „Ich musste alle drei Monate anrufen und sagen, dass wir es wohl noch einmal verschieben müssen“, erinnert sich Atak. Aus geplanten sechs Monaten wurden drei Jahre, ein Herzblut-Projekt, das sich gelohnt hat. Ataks Bilder verschaffen dem Text eine neue Wuchtigkeit, die grellbunten Malereien erzeugen eine eigene Atmosphäre für den Text. Die Augen der Leser stolpern durch eine ungewohnte Landschaft aus Bilderbuch und Graphic Novel, aus Mark Twain, Matisse und Micky Maus.

Der Carlsen Verlag gibt das Buch in Deutschland heraus, fast pünktlich zum Erscheinen der Autobiografie von Mark Twain, die dieser hundert Jahre nach seinem Tod veröffentlicht sehen wollte. Jetzt will Atak erst mal etwas Ruhigeres machen. „Koch- und Gartenbücher gehen immer“, hat man ihm gesagt.

CARSTEN JANKE

■ Atak, Mark Twain: „Der geheimnisvolle Fremde“. Carlsen, Hamburg, 2012, 176 Seiten, 24,90 Euro