LeserInnenbriefe
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Millionen Menschen wollen rein

betr.: „Well done, little Britain“, taz vom 25./26. 6. 16

Die spinnen, die Briten! Millionen Menschen wollen rein in die EU – unter Lebensgefahr. Und ein halbes Inselvolk will raus. Aus Frust über die eigene Obrigkeit mal eben das Jahrhundertwunder EU (Frieden, Freiheit, Wohlstand) verlassen. Trump jubelt, Putin feixt. Unser Vorschlag: Austritt England unverzüglich, Tür auf für Schotten und Nordiren. Alle EU- Bürger, die es wünschen, bekommen einen EU-Pass mit konkreten Vorteilen. Ernsthaft gegen Jugendarbeitslosigkeit, Schere zwischen Arm und Reich schließen. Geld dafür liegt an der Börse: Finanztransaktionssteuer sofort. Verstecken hinter den Briten zählt nicht mehr, Herr Schäuble! Jutta und Jürgen Lange, Havelland

Zutreffender Kommentar

betr.: „Ihr jungen Leute!“ von Ralf Sotschek, taz v. 25./26. 6. 16

Lieber Ralf Sotschek, für mich hat die taz schon lange aufgehört, ein linkes Projekt zu sein. Deshalb habe ich mich sehr gefreut, von einem altgedienten tazler diesen zutreffenden Pro-Brexit-Kommentar zu lesen! Reinhard Hoffmann, Berlin

Brutalisierung des Umgangstons

betr.: „Muss jemand austreten?“, taz vom 23. 6. 16

Stöhn! Was ist das denn? In welcher Zeitung bin ich? Ich finde diese Titelseite zum Thema „Brexit“ geschmacklos. Muss sich die taz unbedingt an der Brutalisierung des gesellschaftlichen Umgangstones beteiligen? Cordula Leowald-Mayer, Schöneck

„Fool Britannia!“

betr.: „Zweit Tage Europa“, taz vom 25./26. 6. 16

„Fool Britannia …!“ Ich schäme mich für mein (Ex-)Land. Wie alle anderen britischen Staatsbürger im Ausland durfte ich nicht bei der Volksabstimmung wählen. Cameron ist dafür verantwortlich und jetzt hat den Salat. Ich überlege stark, ob ich jetzt die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen werde. Roy Kift,Essen

Nadelöhr Deutsche Botschaft

betr.: „516 Euro für die Eltern“, taz vom 22. 6. 16

Die Botschaft in Teheran stellt keine Ausnahme dar. In Amman, Jordanien, muss der Termin für die Beantragung eines Visums gekauft werden. Die Botschaft räumt ein, dass es diese „Terminhändler“ gibt, warnt vor ihnen, bietet aber keine Möglichkeit an, sie zu umgehen. Jeder Versuch einer online-Buchung schlägt fehl. Die entsprechenden Seiten zeigen bis September den Vermerk, dass keine Termine verfügbar seien. De facto gibt es sie, aber nur gegen viel Bares. 516 Euro für zwei Visa, nicht nur Termine, ist sehr „preiswert“. Die Botschaft behauptet, dass die Händler keinen Zugriff auf ihr System hätten und dass sich nie ein Verdacht, dem man nachgegangen sei, erhärtet habe. Ich gehe davon aus, dass eine ernsthafte Recherche die Beschaffungswege der Händler aufdecken könnte. Außerdem kann ich mir sehr gut vorstellen, dass dieser Schlamassel politisch gewollt ist oder gutgeheißen wird. Offiziell gibt es für anerkannte Flüchtlinge die Möglichkeit der Familienzusammenführung, aber man ist insgeheim froh, in der Deutschen Botschaft in Amman ein Nadelöhr zu haben, durch das niemand auf leichte Weise schlüpfen kann. Jens Böhling, Hitzacker

Bitte die Mehrheit abbilden

betr.: „Gehört Deutschland zum Islam?“, taz vom 25./26. 6. 16

Wenn 70 Prozent der Musliminnen in Deutschland nie ein Kopftuch tragen, warum wird dann praktisch jeder Artikel, der irgendwie mit dem Islam zu tun hat und zu dem es ein Bild gibt, mit einer kopftuchtragenden Frau illustriert? (So wie auch dieses Mal auf Seite 1 und 17!) Warum wird diese überwältigende Mehrheit der 70 Prozent nicht ins Bild gesetzt? Gehört die nicht zu Deutschland? Irene Meyer-Herbst,Bremen

Tiefe Verletzlichkeit

betr.: „Den begrifflichen Rahmen stecken – Judith Butler“, „Der vergessene 22. Juni“, taz vom 22. 6. und 24. 6. 16

Sehr bemerkenswert, dass die taz so ausführlich über die Lesungen von Judith Butler in Köln berichtet hat! Ausgerechnet am 22. Juni, am Tag des 75. Jahrestags des Überfalls Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion, stellte sie in den Mittelpunkt ihrer Ausführungen den Begriff „Verletzlichkeit“. Wahrscheinlich wussten die wenigsten der über 1.000 Zuhörer von diesem besonderen Datum, weil hierzulande die vom Hitler-Deutschland verursachten vielen Millionen unschuldigen russischen Toten und Verletzen und die Verwüstung des Landes ziemlich perfekt verdrängt wurden.

Deutschland hat den Zweiten Weltkrieg angefangen und ihn dann auch noch 1941 größenwahnsinnig auf die Sowjetunion ausgedehnt. Alles, was später kam und gerne hier beklagt wird, wie die Eroberung und Zerstörung Deutschlands, die Vertreibung, Vergewaltigungen, haben sich die Deutschen selbst zuzuschreiben – unabhängig davon, wie Stalin als Person war. Dass dieser Überfall auf die Sowjetunion – um mit Judith Butler zu sprechen – eine tiefe Verletzlichkeit zur Folge hatte, müsste nachvollziehbar sein und von der Politik mit beachtet werden. Stattdessen werden ausgerechnet in diesen Tagen die Sanktionen gegen Russland verlängert und der Nato-Militärring um Russland herum in Polen, im Baltikum und anderen Nachbarstaaten wird noch enger gelegt oder verstärkt. hartmut hautzel, Köln