: Zeit für Rettung des Alu-Werks wird knapp
HAW-Gesellschafter und Georgsmarienhütte verhandeln weiter. Gezerre um die Gießerei. Gewerkschaft wirft Norsk Hydro vor, den Verkauf der Hamburger Alu-Hütte mit einer fadenscheinigen Begründung zu verhindern
Ob das Hamburger Aluminium-Werk (HAW) durch einen Verkauf erhalten werden kann, ist weiter offen. Ein Gespräch, das die Gesellschafter des HAW auf Drängen der Wirtschaftsbehörde mit der Georgsmarienhütte Holding führten, ging am Sonnabend ohne abschließendes Ergebnis zu Ende. Die Wirtschaftsbehörde teilte mit, es seien „verschiedene offene Fragen“ erörtert worden. Nach Informationen von Arbeitnehmervertretern soll heute weiterverhandelt werden.
Die Gesellschafter des HAW – Alcoa (USA), Amag (Österrreich) und Norsk Hydro (Norwegen) – hatten im Juni beschlossen, den größten Teil des Werks wegen stark gestiegener Stromkosten zum Jahresende zu schließen. Die Anodenproduktion und die Elektrolyse mit 450 Arbeitsplätzen sollen komplett stillgelegt werden. Lediglich die Gießerei mit rund 100 Arbeitsplätzen soll erhalten bleiben. Diese versorgt ein benachbartes Walzwerk der Norsk Hydro günstig mit Vorprodukten und schmilzt den Schrott des Walzwerks ein. Die Norweger haben daher ein Interesse daran, die Gießerei zu kaufen.
Die Georgsmarienhütte, die als einziger von zunächst vier Interessenten für das HAW übrig geblieben ist, hat daran ebenfalls ein großes Interesse. „Wegen der hohen Strompreise ist auf jeden Fall eine Gießerei nötig“, sagt Karl-Heinz Dieck, Betriebsratsvorsitzender des HAW. Mit der Gießerei, die in der Lage ist nach Wunsch spezielle Legierungen herzustellen, verfüge das HAW über ein weiteres Glied in der Wertschöpfungskette und damit bessere Gewinnaussichten.
Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) hat gestern „das merkwürdige Verhalten“ der Norweger bei den Verhandlungen „auf das Schärfste“ kritisiert. Wenn Norsk Hydro behaupte, das Konzept der Georgsmarienhütte sei nicht nachhaltig, sei das eine „fadenscheinige Begründung“ dafür, deren Angebot abzulehnen. Alle Beteiligten, selbst die Energieversorger, seien bereit gewesen, sich aufeinander zu zu bewegen – mit Ausnahme von Norsk Hydro. „Dieses Unternehmen ist im norwegischen Staatsbesitz und hat eine besondere Verantwortung für die Menschen, die seit Jahren Gewinne erwirtschaften,“ sagte Jan Eulen von der IG BCE, die die Beschäftigten heute zu einer Informationsveranstaltung vor dem Werk eingeladen hat.
Betriebsratschef Dieck sieht „nur noch sehr geringe Chancen“ für einen Fortbestand des HAW. Spätestens am 25. Oktober müsste die Anoden-Produktion wieder aufgenommen werden. Passiert das nicht, müssen einen Monat später die Elektrolyseöfen abgeschaltet werden. Sie wieder anzufahren, wäre unbezahlbar aufwendig. Gernot Knödler