: Südostrumänien unter Quarantäne
Die Behörden erklären, trotz nachgewiesener Vogelgrippe sei alles unter Kontrolle. Der Staatspräsident isst täglich Geflügel, um seine Landsleute zu beruhigen. Weil der große Wildvogelzug aber noch aussteht, rechnen die Experten mit weiteren Fällen
VON KENO VERSECK
Seit Samstag ist es offiziell – das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist in Europa angekommen. In rumänischen Proben, bestätigte das EU-Referenzlabors im britischen Weybridge, wurde das Virus nachgewiesen. Seitdem herrscht in der südostrumänischen Dobrudscha und den angrenzenden Verwaltungsbezirken Ausnahmezustand.
Die Behörden des Landes verstärkten in der gesamten Region Quarantäne- und Kontrollmaßnahmen und begannen mit der Massentötung von Geflügel. Gleichzeitig verhängten sie landesweite Transport- und Handelsverbote für Lebendgeflügel und Schweine, Tiermärkte im ganzen Land wurden geschlossen. Auch der Export von rumänischem Geflügel und Geflügelprodukten wurde eingestellt.
Nach einer Krisensitzung der rumänischen Regierung am Samstag kündigte Staatspräsident Traian Basescu an, man werde mit allen Nachbarländern kooperieren, um gegen die Seuche vorzugehen. Der rumänische Landwirtschaftsminister Gheorghe Flutur erklärte, es gebe bisher keine Anzeichen, dass sich Menschen mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert hätten. In den betroffenen Gebieten sei ausreichend Impfstoff vorhanden.
Um das Dorf Ceamurlia de Jos am Südrand des Donaudeltas, wo die Vogelgrippe-Fälle vor zwei Wochen zuerst entdeckt worden waren, wurde die Quarantänezone von drei auf sieben Kilometer ausgeweitet. Zugleich wurden die Dörfer Maliuc und Vulturu im zentralen Donaudelta unter Quarantäne gestellt, nachdem dort letzte Woche Wildvögel und Hausgeflügel verendet waren. In beiden Zonen wurden am Wochenende mehrere zehntausend Stück Geflügel getötet, darunter allein in der Quarantänezone Ceamurlia de Jos rund 11.000. Ebenfalls am Samstag entdeckten Experten auch im Gebiet des Donaudelta-Sees Obretinul Mic nahe des Dorfs Crisan verendete Wildvögel und damit offenbar einen weiteren Infektionsherd.
Um eine Panik unter der rumänischen Bevölkerung zu vermeiden, hatte der rumänische Staatspräsident Traian Basescu bereits letzte Woche erklärt, er esse täglich Geflügel. Auch Flutur versuchte am Wochenende seine Landsleute zu beruhigen. Die Situation sei unter Kontrolle, es gebe keinen Grund zur Panik. Geholfen hat das wenig: Überall ging der Verkauf und Konsum von Geflügelfleisch drastisch zurück, in Apotheken waren Grippe-Impfstoffe ausverkauft.
Die Furcht, dass sich die Seuche ausbreitet, ist nicht unbegründet: Experten vermuten, dass Zugvögel aus Russland und Kasachstan das Vogelgrippe-Virus nach Rumänien eingeschleppt haben könnten. Bisher ist erst ein kleiner Teil der Wildvögel, die jährlich über das Donaudelta nach Süden ziehen, angekommen.