Großkoalitionäre im Clinch

Längere Laufzeiten für Atomkraftwerke will Schleswig-Holsteins CDU-Wirtschaftsminister. Die SPD kocht vor Wut

Einen Vorgeschmack auf die Scharmützel, die sich CDU und SPD demnächst auf Bundesebene liefern werden, bot gestern der Streit um Schleswig-Holsteins CDU-Wirtschaftsminister Dietrich Austermann. Der hatte öffentlich der designierten Bundeskanzlerin Angela Merkel vorgeschlagen, das „Gesamtlaufzeit-Konto“ für alle bundesdeutschen Kraftwerke zu erweitern.

„Es gibt keinen Bedarf für verlängerte Restlaufzeiten“, meldete prompt die SPD, Partnerin in der Großen Koalition zu Kiel. Austermanns Vorschläge seien kontraproduktiv und behinderten eine Wende in der Energiepolitik, schimpfte der energie- und umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Konrad Nabel. Der Atomausstieg sei Gesetz und müsse konsequent umgesetzt werden. „Eine nachhaltige Energiezukunft basiert auf den drei Säulen: Energieeffizienz, erneuerbare Energien und Energiesparen. Die Atomkraft gehört nicht dazu.“ Außerdem hätten die Kieler Regierungsparteien im Koalitionsvertrag wörtlich festgehalten, „dass die Landesregierung nicht initiativ wird, den Energiekonsens aufzukündigen.“ In letztem Punkt ist sich Nabel einig mit dem CDU-Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen. „Es gibt einen Koalitionsvertrag, und der ist maßgeblich für die Arbeit der schleswig-holsteinischen Landesregierung“, so sein Sprecher.

Als „unverantwortlich“ bezeichnete der Grünen-Energiepolitiker Klaus Müller den Vorstoß Austermanns, den er als „energiepolitischen Rambo der CDU“ kritisierte. Er gefährde „den energiepolitischen Frieden in Deutschland“. Wenig Mitleid hat der Grünen-Politiker mit dem ehemaligen Koalitionspartner SPD. „Mit seinem Vorstoß tanzt Austermann erneut seinem sozialdemokratischem Koalitionspartner auf der Nase herum“, sagte der frühere Landesumweltminister Müller. taz / dpa